Gesichtsverlust-betr.: "Lesbe schadet Image der Krebshilfe", taz vom 1.2.91

betr.: „Lesbe schadet Image der Krebshilfe“, taz vom 1.2.91

[...] Mit unserem Brief soll ein scharfer Protest formuliert werden gegen die Argumentation der Deutschen Krebshilfe in Bezug auf die Homosexualität von Frau Scheel. Es ist in keiner Weise einzusehen, was sexuelle Präferenz beziehungsweise persönliche Lebensführung einzelner Mitarbeiterinnen für eine Auswirkung auf eine Stellenbesetzung haben sollen!

In diesem Kontext stellt sich die Frage, inwieweit die Deutsche Krebshilfe — als gemeinnütziger Verein — auch bei ihren PatientInnen erst nach Klärung der sexuellen Vorliebenüber deren Ünterstützung entscheidet.

Auch die Argumentationskette, daß konservative Gemüter vom Verein dringend benötigte Spenden beziehungsweise deren Zusage zurückgezogen haben sollen, ist wenig schlüssig, da es Einzelspendern kaum zusteht, über den Verbleib einer Mitarbeiterin des Vereins zu befinden. Außerdem sollten, dieser Argumentation folgend, Spenden strikt nach der sexuellen Präferenz der Spenderinnen getrennt werden.

Letztendlich steht auch die Glaubwürdigkeit des Vereins Deutsche Krebshilfe auf dem Spiel, da eine Institution, die Verständnis und Hilfe für eine Minderheit, nämlich Krebskranke, auf ihre Fahnen heftet, nur unter Gesichtsverlust eine weitere Randgruppe, Lesben und Schwule, diskriminieren kann. Pfingstrosen, Frankfurt am Main