Kriegsopfer via Nürnberg?

■ US-Regierung will angeblich Schließung des Nürnberger Flughafens für den zivilen Luftverkehr/ Zentrale Anlaufstelle für verletzte und tote GIs

Washington/Nürnberg (taz) — Nach Informationen aus dem Pentagon hat die Bush-Regierung die Bonner Bundesregierung um die zeitweise Schließung und Überlassung des Nürnberger Zivilflughafens gebeten. Über den Flughafen sollen tote und verwundete GIs aus der Golfregion zurück in die USA bzw. ins Nürnberger US-Hospital geflogen werden. Die Flughafen Nürnberg GmbH (FNG) kündigte an, sich einer Sperrung des Flughafens für den zivilen Verkehr „entschieden“ zu widersetzen. Eine Bereitstellung ausschließlich für Militärverkehr sei „nach der derzeitigen Rechtslage nicht möglich“.

In einer gemeinsamen Erklärung betonen der Nürnberger Oberbürgermeister Schönlein als FNG-Aufsichtsratsvorsitzender und der FNG- Geschäftsführer Hoffmann, daß die „angeblichen Wunschvorstellungen der USA weder in Bonn noch von den örtlichen US-Dienststellen bestätigt“ worden seien. Eine Sperrung des Flughafens würde „Hunderte von Arbeitsplätzen gefährden“ und die Wirtschaft Nordbayerns „besonders schwer treffen“. Schönlein und Hoffmann stellen klar, daß die FNG- Mitarbeiter „aus rein humanitären Gründen“ bereit seien, Verwundetentransporte abzufertigen, zumal der Flughafen über „Leistungsreserven“ verfüge, die „Verwundetentransporte auch in größerer Anzahl ermöglichen“ würden. Nürnberg sei jedoch ein ziviler Flughafen, militärische Einrichtungen seien auf dem Flughafen „nicht vorhanden“.

Dagegen hält sich hartnäckig das Gerücht, wonach in einer Halle des Flughafens bereits eine Art Kommandostelle mit Notlazarett eingerichtet und eigens für die US-Army ein Hubschrauberlandeplatz markiert worden sein soll. Das Dementi des Flughafen-Pressesprecher Kurt Raum dazu fällt sehr halbherzig aus. Auf dem Flughafen könnten jederzeit Hubschrauber landen und das Military Airlift Command der US- Army habe schon zu Beginn der Verlegung von GIs in die Golfregion auf dem Flughafengelände eine „kleine Halle“ angemietet. Der Pressesprecher gibt jedoch vor, über den Zweck der Halle nichts zu wissen. Eine Schließung für den zivilen Flugverkehr hält er für „totalen Unsinn“.

Sowohl die örtlichen US-Stellen als auch das US-Headquarter in Heidelberg bestreiten, etwas von einer Bitte auf Schließung des Flughafens zu wissen. Gegen diese Pläne spricht zudem die Tatsache, daß in der näheren Umgebung von Nürnberg mit dem Airfield Community Nürnberg in Feucht, dem US-Truppenübungsplatz Grafenwöhr und dem US- Gelände in Ansbach drei US-Militärflughäfen zur Verfügung stehen, auf der Großraumflugzeuge wie zum Beispiel die Hercules C130 landen können. Andererseits nahmen in den vergangenen Tagen Koordinationsübungen der US-Army mit der Nürnberger Polizei zu, bei denen der Transport verwundeter GIs vom Flughafen durch die Stadt zum US- Hospital simuliert worden ist. azu/bs