Klima-Schizophrenie

■ Wenn das Wetter normal ist, wundern sich viele

Gnade uns Gott, wenn die momentane Kälteperiode in Europa sich zu einem ausgewachsenen Winter mausert. Seit ein paar Jahren gehören die Zeiten der Vergangenheit an, in denen extreme Minusgrade, brütende Hitze, orkanartige Stürme oder sintflutartige Regenfälle als das genommen wurden, was sie in aller Regel immer noch sind: Schlichte Erscheinungen des Wetters. Die Erkenntnis, daß der Mensch die Erde immer kräftiger in den Schwitzkasten nimmt, hat im Arsenal globaler Katastrophenszenarien inzwischen eine einsame Spitzenstellung erreicht. Jede Kapriole, die das Wetter heute schlägt, wird mehr oder weniger umstandslos den weltweiten Klimaänderungen zugeschlagen.

Daß dieser ökologisch motivierte Übereifer auch nach hinten losgehen kann, davor haben gerade engagierte Klimaforscher seit Jahren immer wieder gewarnt. Sie wußten, wovon sie sprachen. Es ist eben nicht nachweisbar, daß diese oder jene Hitzeperiode etwas mit dem menschengemachten Klima zu tun hat. Nachweisbar ist dagegen, daß die rund um den Planeten gemittelte Jahrestemperatur seit Beginn der Industrialisierung einigermaßen kontinuierlich und mit wachsender Geschwindigkeit ansteigt. Daran ändert sich nichts, wenn der Winter in Europa endlich mal wieder sein wahres — durchaus freundlich weißes — Gesicht zeigt. Worüber die Menschen sich jetzt anfangen zu wundern, ist die Normalität, mit der sie kaum noch gerechnet haben. Und das ist nicht ungefährlich. Denn es wird nicht lange dauern, bis von interessierter Seite die Klimakatastrophe abgeblasen wird. Nach dem Motto: Seht her, das Wetter ist normal, der Treibhauseffekt existiert nur in den Köpfen durchgeknallter Ökologen und die ganze Debatte über eine umweltverträgliche Energiewirtschaft, über Kohlendioxid-Reduktion und die Begrenzung der Autolawine könnte auch weniger aufgeregt geführt werden.

Glücklicherweise dringt von jenseits des Atlantiks die Nachricht zu uns herüber, daß dort eine der Jahreszeit durchaus unangemessene Hitzewelle den nordamerikanischen Kontinent erfaßt habe. Im Weltbild der Amateur-Klimatologen kann das nur bedeuten: Die Klimakatastrophe findet dieses Jahr woanders statt. Unser Tip: Cool bleiben und Schlitten fahren. Die Vierjährigen im Lande jedenfalls, werden sich freuen, daß sie nun endlich selbst erleben, was sie bisher nur vom Hörensagen kannten. Leise rieselt der Schnee und so soll es sein — auch dann noch, wenn die Kinder einmal groß sind. Gerd Rosenkranz