Anabolika in uns allen

■ Dopingfall im Eiskunstlauf: Schummel oder Natur?

Berlin (taz) — Die Dopingprobe der Eistanz-Europameisterin Marina Klimowa (UdSSR) bei der EM in Sofia vor zwei Wochen war positiv. Das bestätigte jetzt die Internationale Eislauf-Union, auch wenn deren Präsident Beat Häsler noch einschränkt: „Den genauen Wert konnte man nicht feststellen.“ Die Gegenprobe im Kölner Institut von Dopingguru Professor Donike wird nun endgültig feststellen, ob die 24jährige bei ihrem dritten EM- Gold tatsächlich gedopt war.

Es wäre erst der zweite Fall in einer ansonsten medizinisch reinen Sportart. Bei der Junioren-WM 1989 in Sarajewo fiel der Test der Eistänzerin Marina Morel positiv aus. Die ISU verzichtete damals aber auf eine Bestrafung, da die Französin lediglich eine Überdosis Abmagerungstabletten gefuttert hatte. Deshalb hofft auch Generalsekretär Häsler weiter: „Auch der menschliche Körper produziert anabole Steroide. Vielleicht sind es ganz normale Werte.“

So gesehen sollte auch der Freund der „medizinischen Trainingsbegleitung“ Ben Johnson seinen Dopingskandal zum Zwecke der sofortigen Rehabilitierung noch einmal aufrollen lassen. Sollte sich der Verdacht aber bestätigen, würde Marina Klimowa ihren Europameistertitel verlieren. Was die Preisrichter engagiert verhindern konnten, hätten dann die Ärzte verfuscht: Das französische Geschwisterpaar Duchesnay bekäme endlich eine Goldmedaille. „Wir geben keinen Kommentar, bevor das Verfahren nicht abgeschlossen ist“, hielt deren Trainer Martin Skotnicky voll innerer Vorfreude verfrühte Jubelsprünge zurück.

In Deutschland rätseln nun die Dopingalchimisten, was Doping im Eiskunstlauf überhaupt hilft. Selbst die ausgebufften DDR-Forscher sahen keinen Sinn darin, der Eisprinzessin Witt mit stimulierenden Pülverchen den Thron zu festigen. „Bisher war bekannt, daß Anabolika zwar Kraftzuwachs beim Springen bringt, aber gleichzeitig zu Koordinierungsproblemen führt“, berichtete Sepp Schönmetzler, Lehrbeauftragter für Eiskunstlauf an der Sporthochschule Köln. Der Deutsche Meister von 1965, Peter Krick, hält dagegen nichts von der Wirksamkeit von Anabolika und erinnert sich an das nervöse Gestolpere der meisten AthletInnen: „Das einzige wären Beta-Blocker, um die Nervösität der Läufer zu dämpfen.“ bossi