Subotnik für den Osten

■ Geld her für den Osten — egal woher

Berlin (taz) — Der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt, wenn es darum geht — unter Umgehung des Reizwortes Steuererhöhung — Mittel und Wege zu erspinnen, um den FNL aus der finanziellen Misere zu helfen. Kostprobe: Die rund 35 Millionen westdeutschen Erwerbstätigen arbeiten ein Jahr lang jede Woche eine Stunde mehr. Bei Verzicht auf Gewinn und Überstundenzuschläge brächte das etwa 18 Milliarden DM für die Neu- Bundis, hat der bayerische FDP- Vorsitzende Josef Grünbeck errechnen lassen, vom dem übrigens dieser Vorschlag stammt.

Natürlich werden nicht nur die Gewerkschaften aufjaulen: von wegen Unterlaufen von Tarifvereinbarungen und Arbeitszeitverkürzung, Abwälzen der Lasten auf die schmalen Schultern (bzw. Geldbeutel) der Werktätigen etc. Aber seien wir ehrlich, der Vorschlag hat was. Denn auf irgendeine Weise werden wir bluten müssen. So aber trifft es wenigstens alle — und ganz gerecht. Die Fließbandarbeiterin gibt eben ihre acht Mark fuffzig und der Topmanager seine dreihundert für die Schwestern und Brüder. Das gesamte abhängig beschäftigte Volk vereint in einem großen Subotnik. Eine echte Herausforderung für das deutsche HelferInnensyndrom, die alle Päckchen-nach-drüben-Aktionen weit in den Schatten stellen würde. Der Vorschlag birgt außerdem mannigfaltige Variationsmöglichkeiten. So wären etwa PatInnenschaften denkbar, bei denen jedeR selbst bestimmen darf, für wen oder was sie/er seine Extrastunde leistet. Oder aber die Wessis überlassen den arbeitslosen Ossis für eine Stunde pro Woche einfach ihren Arbeitsplatz. Praktischerweise könnten die Ossis das Geld dann gleich kassieren. KriegsgegnerInnen überlegen bereits, ob sich die zusätzliche Arbeitsstunde nicht koppeln läßt mit einem Aufruf: Eine Stunde Arbeitsniederlegung für den Frieden pro Woche! Damit kämen sie endlich von den läppischen fünfminütigen Pausenstreiks weg und hätten gleich zwei gute Zwecke mit einer Klappe geschlagen. Wie gesagt: Der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt. uhe