Das Kreuz der deutschen Gerichte

Ein deutscher Urlauber, der eine Reise auf die Malediven unternommen hatte, fühlte sich von der Natur und den Einheimischen schlecht behandelt und zog vor den Kadi. Der arme Mann litt — nach eigenen Angaben — während der Überfahrt von der Hauptinsel Male auf die Urlaubsinsel Angaga wegen rauher See an Übelkeit und vermißte eine ausreichende Betreuung durch die Reiseleitung. Ferner monierte er, die Wassersportbedingungen am Urlaubsort hätten seinen Vorstellungen nicht entsprochen, und außerdem sei die einheimische Küche „viel zu scharf gewürzt“ gewesen. Das Amtsgericht Frankfurt war sich nicht zu schade, diesen Fall zu verhandeln, wies die Klage auf Rückzahlung von 1.500 Mark aber trotzdem ab.

Ein genervter Busfahrer fühlte sich von einem eifrigen Polizisten behindert und wehrte sich mit den Worten: „Sie glauben wohl, sich in Uniform alles erlauben zu können; ich möchte bloß wissen, wo Sie Ihren Führerschein gemacht haben.“ Die Mehlmütze fühlte sich beleidigt und wollte Schmerzensgeld. Auch hier fand sich ein Richter, besser gesagt, es fanden sich zwei. Denn das Landgericht Kaiserslautern wies die Klage ab. Und auch die nächsthöhere Instanz, der 7. Zivilsenat des Pfälzischen OLGs Zweibrücken, stellte nach reiflicher Überlegung fest, daß es sich bei der verbalen Attacke nicht um eine schwere Beleidigung handelt. Bei den Worten des Busfahrers handele es sich nur um eine Meinungsäußerung. Ein „reines Werturteil“ sei aber kein Grund für die Zahlung von Schmerzensgeld.

Jetzt versteht der einfache Bürger auch endlich das ständige Lamentieren der deutschen Gerichte, sie seien völlig überlastet. In Fällen dieser Art Recht zu sprechen muß wahrlich verdammt hart und arbeitsintensiv sein. Manchmal geht den Gerichten aber auch ein interessantes Verbrechen durch die Lappen:

„Hier spricht die katholische Kirche. Unser Beichtstuhl ist vorübergehend nicht besetzt. Für dringende Fälle steht Ihnen unser automatischer Sündenspeicher zur Verfügung. Bitte beichten sie jetzt...“ Mit dieser Ansage auf ihrem Anrufbeantworter hatten sich zwei junge Würzburger eine Strafanzeige des Bischöflichen Ordinariats eingehandelt, denn das duldet keine Konkurrenz. Die Staatsanwaltschaft ermittelte daraufhin wegen Verdachts der Religionsbeschimpfung, kam aber zu dem Ergebnis, daß es sich bei dem „Sündenspeicher“ um einen Scherz gehandelt hätte, und stellte leichtsinnigerweise das Verfahren ein. Karl Wegmann