Schmilzt der High-Tech-Vorsprung?

■ Im April könnte das Wetter in der saudischen Wüste Partei für Saddam ergreifen/ Wüstensand legt komplizierte Elektronik der Amerikaner lahm

Berlin (wps/taz) — Je länger der Krieg andauert, desto häufiger reden die Militärstrategen vom Wetter. In den USA wird zunehmend darüber nachgedacht, inwieweit der High- Tech-Vorsprung der alliierten Truppen unter der glühenden Wüstensonne und den heiß-trockenen, „Al Shamal“ genannten Sandstürmen dahinzuschmelzen droht. Das Klima wird spätestens ab Anfang April, so lautet die häufigste Spekulation, massiv Partei ergreifen für Saddam Husseins Republikanische Garden. Sollten sie bis dahin nicht aus dem besetzten Kuwait vetrieben sein, könne sich der Krieg mindestens bis zum Jahresende hinziehen.

Die Stürme, die üblicherweise im April einsetzen, wirbeln den Wüstensand großflächig in Höhen bis zu 5.000 Metern. Sie reduzieren die Sichtweite auf die Größenordnung eines Fußballfeldes und beeinträchtigen zudem die Navigationseinrichtungen insbesondere der Kampfhubschrauber. Die Piloten wären aus der Luft kaum in der Lage, Freund und Feind zu unterscheiden. Außerdem bleiben die gegnerischen Ziele unter diesen Bedingungen nicht nur für das menschliche Auge, sondern auch für laser-, hitze- und insbesondere kameragesteuerte Projektile praktisch unsichtbar.

Schlimmer noch könnten sich die Temperaturen, die im Kriegsgebiet im Juli und August die 50-Grad-Celsius-Marke erreichen, auf die Kampfkraft der alliierten Truppen auswirken. Insbesondere dann, wenn die Soldaten gezwungen sind, schwere Schutzanzüge gegen mögliche Giftgasattacken zu tragen.

Das, meinen die Experten, könne man allenfalls Minuten, keinesfalls Stunden aushalten. Außerdem grassiert die Furcht vor massiven Nachschubproblemen, weil bei Temperaturen zwischen 40 und 50 Grad beispielsweise Lebensmittel für die Soldaten rasch verderben.

Trotz alledem glauben die meisten US-Kommentatoren nicht, daß das Wetter letztlich über Sieg oder Niederlage den Ausschlag geben könnte.

Die Angelegenheit sei „mehr Ärgernis als entscheidender Faktor in der Schlacht“, heißt es bei den Militärs. Die größten Optimisten beschwören gar einen immensen Vorteil für die Angreifer der multinationalen Allianz: Chemische Kampfstoffe aus den Arsenalen Saddam Husseins hätten gute Chancen, ganz rasch vom Winde verweht zu werden. gero