Opera Viva in der Garnison

■ Peter Lürssen, Geschäftsführer der Lürssen-Werft und nebenher Mäzen, über Kriegsschiffe, Sponsoring und Kultur

Nein, Foto soll ich nicht machen. Er lebt schon gefährlich genug: „Wir bauen ja nicht nur Mode- Yachten“. Peter Lürssen (31), mandeläugig und frühmeliert, ist Geschäftsführer und Mitinhaber der Vegesacker Lürssen-Werft (Rüstungsanteil zwischen 75 und 90 Prozent). Die Familie Lürssen hat sich, vor allem vermittels Kriegsschiffbaus, ein Privatvermögen von rund 180 Millionen Mark zusammengespart. Nebenher finanziert Peter Lürssen kulturelle Ereignisse.

taz: Herr Lürssen, wenn Sie ein Goldesel wären, wo würden Sie hinzielen?

Peter Lürssen: (lacht) Schwierig.

Haben Sie keinen Traum?

Naja, es kommen ganz selten große Künstler, große Orchester nach Bremen. Das geht nach Berlin, Hamburg, München. Da hatten wir, außer dem russischen Gold, dem Kreml-Gold, wenig. Ich träume davon, daß es mal heißt: Berlin-München-Bremen.

Was tun Sie dafür?

Wir haben Ende '89 einen Verein gegründet mit dem schönen Namen „Kulturstadt Bremen“. Der bezahlt Künstler, die sich Bremen sonst nicht leisten könnte.

Wer ist da noch dabei?

Der Staatsrat Dr. Fuchs zum Beispiel und noch ein paar Leute...

Aber so richtig mit Geld nur Sie?

Leider ja. Wir hätten gern mehr, aber da fehlt uns die Zeit. Leute, die Geld geben, wollen ja gepflegt werden. Mit Recht.

Und was bescheren Sie uns so?

Am liebsten natürlich Sachen, an denen ich selber Freude habe. Wir haben den Arturo Benedetti Michelangeli geholt, dann die Brahms-Nacht im Dom entscheidend mitfinanziert, auch vorher die, na, war's Mendelssohn, ja, die Mendelssohn-Nacht auch. Oder mal eine Opera Viva für die Garnison in Garlstedt.

Dann sind sie ja richtige Veranstalter.

Nein. Wir haben überlegt, wie wir am effektivsten vorgehen. Bei so einem Konzert geht die Hälfte des Geldes für Organisation, Saal, Reklame drauf. Da haben wir gesagt, wir hängen uns lieber an bestehende Vereine an und zahlen denen dann das Geld drauf, was Top-Leute zusätzlich an Gage kosten. Aber daß Sie mich nicht falsch verstehen: das mach ich privat, das macht nicht die Lürssen-Werft.

Also einer der letzten Mäzene.

Wenn Sie so wollen.

Es ist doch auch denkbar, daß Ihre Werft mal richtig als Kultur- Sponsor aktiv wird?

Generell schon. Bloß haben wir ja einen speziellen Kundenkreis, den wir direkt ansprechen müssen. Da tun wir aber auch was. In Südfrankreich zum Beispiel, da hat neulich eine Yacht-Maklerei ein Golfturnier für 250 Yacht-Kapitäne aufgezogen. Haben wir natürlich mitfinanziert.

Und so richtige Kultur? Letzte Woche hatten wir ein Interview mit einer Kulturagentin, die stellt Ihnen ein Schiffahrts-Spektakel hin, daß Ihren Kunden die Sinne schwinden.

Frau Reck, ja. Oder MTU fällt mir ein, MTU in den USA, die machen richtige MTU-Happenings für ihre Privatkunden. Aber wir dürfen eins nicht vergessen: Diese Leute haben ja nur ganz wenig Zeit. Da braucht man starke Reize, daß die trotzdem kommen. Oder man macht's so komprimiert, daß sie's nebenbei mitnehmen können.

Und Sie, gehn Sie zu Ihren Konzerten?

Ich möchte gern, ich schaff es selten.

Kommen Sie selber noch zum Kulturschaffen, feierabends vielleicht?

Nein, gar nicht. Ich male nicht und singe nicht, und meine musikalische Karriere endete nach der zweiten Blockflötenstunde.

Aber Sie mögen Musik?

Ja, klassische. Alles, was kommt, auch Opern. Und Kunst, die moderne.

Haben Sie sicher zuhause hängen.

Äh, wenig.

Und Kino?

Da beklagt sich meine Frau immer. Die meisten Filme sehe ich noch im Flugzeug.

Was mögen Sie denn am allerliebsten an der Bremer Kulturszene?

Unheimlich schwere Frage. Dazu krieg ich zu wenig mit.

Und wenn Sie nachdenken?

Die Kunsthalle ist sehr schön. Das Übersee-Museum. Kann man immer hingehn, wenn man, sagen wir mal, ausländische Gäste oder Freunde da hat. Auch das Focke-Museum ist schön.

Wenn ich zu Ihnen komme und sage: Geben Sie mir einen Batzen Geld, ich verteile das an die Kulturszene, was antworten Sie mir?

Sehr interessant, sag ich da, kommen Sie wieder und bringen Sie ein konkretes Konzept mit.

Dann wird Kultursenator Scherf bald bei Ihnen anklopfen. Der will ja die bremische Kultur retten mit einer Stiftung, die von Unternehmen mitfinanziert werden soll. Von wegen Standortqualität.

Ja, wenn die Unternehmen auch mitreden können. Die haben ja geistiges Potential, die sind nicht dümmer als andere Leute. Ich will ja nichts fördern, was es nicht wert ist. Und die Werft wird kaum ein Theater finanzieren, wenn die gleich am Anfang Transparente hochhalten: Die Werft ist Scheiße!

Wie geht's jetzt weiter mit Kultur und Geld?

Die Firmen haben ja noch Schwierigkeiten, ihr Geld loszuwerden, MBB zum Beispiel oder Krupp-Atlas. Obwohl die beileibe nicht nur Rüstungsgüter herstellen. So eine Ablehnung seitens der Kultur verschreckt natürlich allgemein. Da wird man sich womöglich auf Bereiche beschränken, wo es sicher keine Kritik gibt.

Und die Kultur gleich heimholen? Theater im Dock und Steichquartett in der Produktionshalle? Schon mal dran gedacht?

Nein. Obwohl, richtige Werftkonzerte in unserer großen Halle, das wär schon mein Traum. Aber wir sind ja jetzt ausgelastet und haben gar keinen Platz, zum Glück. Interview: Manfred Dworschak