Granata greift ein

■ Und hat den ersten Fleck auf der Präsidentinnen-Bluse KOMMENTAR

Am 28. Januar 1991 spätabends, einige Stunden nach der Abendschau, drückte unsere Präsidentin Hanna-Renate Laurien den Startknopf ihres Heim-Fax-Gerätes. Und mahnte damit per Fernleitung ihren Christenfreund von Lojewski ab. Skandal! Ausgerechnet der »CDU-gestützte« Intendant hatte versagt und sorgte nicht für eine nochmalige Erwähnung von Lauriens Wüstensturm-Solidarität. (Außerdem ärgerte sich Laurien darüber, daß die taz nur von 3.000 DemonstrantInnen geschrieben hatte — eine Zahlenangabe, die übrigens auf einer Meldung der Presseagentur dpa beruht.)

Das alles wäre kaum der Rede wert, wenn Laurien — die zur Neutralität verpflichtete ranghöchste Berlinerin — in einem von ihr bislang nicht bekannten rüden Ton (und mit einigen kleinen Rechtschreibfehlern) einen tiefen Einblick in ihre CDU-Vorstellungen von öffentlich-rechtlichem Journalismus und ihre Meinung über demonstrierende PazifistInnen gegeben hätte.

Doch so richtig überraschend ist nur die Leichtsinnigkeit der Präsidentin, die ihre Wut unredigiert mal so eben rüberfaxte — denn daß die CDU von Lojewski absägen will, das schreibt die FAZ schon seit längerem herbei, das läßt auch Fraktionschef Klaus Landowsky gern und immer wieder deutlich werden. Laurien hat nun ihren präsidialen Segen gegeben.

Letztlich ist das alles höchst kleinkariert und unprofessionell. Denn damit hat Laurien, die die SchülerInnen-Demos als zu ausufernd kritisierte, nur Schwäche gezeigt. Sie kann nicht ertragen, daß ihre Mini-Demo auch als solche in den Medien Niederschlag fand. Hans-Hermann Kotte