100-Millionen-Scheck von Genscher für Syrien

Zweite Station der Nahostreise Genschers in Damaskus: Der Bundesaußenminister berichtet von einer möglichen Anerkennung des Existenzrechts Israels durch Assad/ „Kriegshilfe“ für Syrien  ■ Aus Damaskus F. Forudastan

Deutschland bietet Syrien Flankenschutz für dessen nach dem Krieg zu erwartende Nahostpolitik an. Und Damaskus wird möglicherweise das Existenzrecht Israels anerkennen. Diese Eindrücke vermittelte gestern Bundesaußenminister Hans Dietrich Genscher am zweiten Tag seiner Stipvisite durch den Nahen Osten nach einem Gespräch mit seinem syrischen Kollegen Farouk el-Sharaa den mitgereisten Journalisten in Damaskus.

Syrien habe eine wichtige Verantwortung im Golfkrieg und die langen traditionsreichen freundschaftlichen Beziehungen zwischen Bonn und Damaskus sollten weiter vertieft werden, so Genscher. Außerdem zeigte sich Genscher zufrieden mit den „syrischen Vorstellungen über eine neue Ordnung nach dem Krieg“. Wie diese Vorstellungen aussehen, sagte Genscher zwar nicht. Er beurteilte sie jedoch „als substantiell gleich“ wie die ägyptischen.

Dem Vernehmen nach will sich Ägypten vor allem in Zusammenarbeit mit Syrien und Saudi-Arabien als neue Schutzmacht am Golf und im Nahen Osten etablieren. Für diese „kollektive Sicherheitsordnung“, wie deutsche Diplomaten in Kairo und Damaskus angetan die sich neu bildende Machtachse Kairo-Damaskus-Riad bezeichnen, soll Ägypten Truppen und sollen die Saudis und reichen Golfstaaten Geld stellen.

Allerdings scheint Syrien auch etwas zu bieten: Genscher berichtete, der syrische Außenminister habe sich damit einverstanden erklärt, daß das Existenzrecht Israels anerkannt werden müsse. Bisher hat Syrien Israel nicht anerkannt.

Überdies kündigte Genscher an, daß Syrien „Kriegshilfe“ bekomme — nach Angaben aus Diplomatenkreisen etwa 100 Millionen Mark. Vermutlich wird Deutschland Syrien auch Schulden erlassen. Der deutsche Entschluß, Syrien weniger „Hilfe aus aktuellem Anlaß“ zu gewähren als Kairo (150 Millionen) und auch Amman, hat wohl Demonstrativcharakter. Zwar pflegt die Bundesregierung ihre Beziehungen zu Damaskus seit Jahren recht sorgfältig; vom übrigen Westen, vor allem den USA, wurde das Land jedoch bis in die jüngste Zeit als „terroristisch“ geächtet.

Vor einigen Jahren hatte die europäische Gemeinschaft darum finanzielle Hilfen eingefroren — die jetzt wieder aufgetaut werden. Überdies ist von dem Diktator Assad bekannt, daß auch er eine sehr starke Vormachtstellung im Nahen Osten anstrebt. „Es hat sich gezeigt, daß Syrien eine verantwortungsvolle Politik betreibt“, sagte Genscher lediglich auf die Frage, ob man Syrien wirklich unterstützen könne.

Über Assads labile Rolle im Golfkrieg — die Regierung hatte mehrfach angedroht, aus der antiirakischen Allianz auszusteigen, wenn Israel in den Krieg eintritt — mochte Genscher nicht reden: „Uneingeschränkt Ja“ sagte er zu der Frage, ob Syrien in der Allianz gegen den Irak bleiben werde.

Heute wird Hans-Dietrich Genscher in der jordanischen Hauptstadt Amman mit König Hussein zusammentreffen.

Dem Außenminister geht es dort vor allem darum, den König davon abzuhalten, sich noch weiter dem irakischen Diktator Saddam Hussein anzunähern. Genscher bringt eine — wenn auch nicht sehr kräftige — Finanzhilfe mit. Die USA hat vor einigen Tagen angedroht, Jordanien weitere finanzielle Unterstützung zu versagen, wenn es seine massive Kritik an Washington und den Kriegsalliierten fortsetze.