Skepsis und Ablehnung in den USA

Washington reagiert zurückhaltend auf neue diplomatische Initiativen  ■ Aus Washington Andreas Zumach

Äußerst zurückhaltend reagierte die Bush-Administration bislang auf neue diplomatische Versuche zur Beendigung des Golfkriegs. Auf Signale aus Bagdad, die auf eine entsprechende Bereitschaft des Iraks hindeuten, wurde mit Skepsis und Ablehnung reagiert. Der britische Verteidigungsminister Tom King wollte sich nach seinen Gesprächen in Washington nicht eindeutig auf die Vertreibung des Iraks aus Kuwait als ausschließliches Kriegsziel festlegen. US-Verteidigungsminister Cheney ordnete inzwischen eine Überschreitung der vom Kongreß bislang beschlossenen Ausgaben für Munition und Flugbenzin an.

Saddam Hussein hatte nach seiner Begegnung mit dem Gorbatschow- Gesandten Primakow erklärt, der Irak sei bereit, die UdSSR und andere Staaten „bei der Suche nach einer friedlichen und ehrenhaften“ Beendigung des Konfikts zu unterstützen. Saddam Hussein hatte in der Erklärung, die von Radio Bagdad verlesen wurde, allerdings auch die ungebrochene Kampfbereitschaft des Iraks, „bis die Aggressoren zurückgeschlagen sind“, betont. Kuwait erwähnte der irakische Führer mit keinem Wort. Zu dieser Erklärung sagte die Sprecherin des State Department, Margaret Tutwiler: „Das ändert unsere Politik kein Jota.“ Es liege „allein an Saddam Hussein“, den Krieg durch die Anordnung eines einseitigen irakischen Truppenabzuges zu beenden.

Der Sprecher des Pentagons, Generalleutnant Thomas Kelly, bestritt, daß das besonders intensive Bombardement Bagdads am Dienstag in einem Zusammenhang mit dem gleichzeitig stattfindenden Primakow-Besuch bei Saddam Hussein gestanden habe. Auf die Ankündigung eines Gorbatschow-Sprechers, Moskau strebe eine neue Resolution des UNO-Sicherheitsrates an, reagierte die Bush-Administration zunächst nicht. Tags zuvor war jedoch die Warnung Gorbatschows vor einer Ausweitung des Krieges gegen den Irak über das Mandat des Sicherheitsrats hinaus als „Rücksichtnahme auf die konservativen Kräfte“ in der UdSSR und die langfristigen Interessen Moskaus in der arabischen Welt qualifiziert und zurückgewiesen worden.

Auf die mehrfach wiederholte Frage von Journalisten, ob mit der Vertreibung der irakischen Truppen das Kriegsziel der Alliierten erreicht sei, verweigerte der britische Verteidigungsminister Tom King eine klare Antwort. Schließlich verwies er auf den zweiten Teil der UNO-Resolution 678 vom 29. November 1990, worin von der Wiederherstellung von Frieden und Stabilität in der Nahostregion die Rede ist. King hatte zuvor mit Präsident Bush und seinen Amtskollegen Cheney (USA) und Joxe (Frankreich) den bisherigen Verlauf und die künftigen Phasen des Golfkriegs beraten. Bei den Gesprächen, so verlautete aus dem Weißen Haus wie aus dem Pentagon, habe Konsens bestanden, jetzt noch keinen umfassenden Bodenkrieg zu beginnen.

Cheney autorisierte die US-Streitkräfte am Dienstag, die vom Kongreß für das laufende Haushaltsjahr gesetzten Obergrenzen der Ausgaben für Benzin, Munition und Lebensmittel zu überschreiten. Dies sei wegen „unvorhergesehener Kosten im Golfkrieg notwendig“. Nach offiziell nicht bestätigten Informationen wurden die Munitions- und Bombenvorräte wegen der großen Zahl der Angriffe schneller aufgebraucht als ursprünglich geplant. Die Entscheidung Cheneys bereits zum jetzigen Zeitpunkt stieß in Washington auf Überraschung. Es wurde allgemein davon ausgegangen, daß die bislang von anderen Staaten für die Kriegskasse zugesagten 40 Milliarden US- Dollar für die Bestreitung der laufenden Kosten zumindest bis Ende März ausreichen würden. Von den 40 Milliarden sind jedoch erst sechs Milliarden tatsächlich in Washington eingegangen.