Steuerboykott: Kein Geld für Krieg

■ Erstes Steuerboykott-Treffen bei »Akarsu«/ Mit Lohnkontenpfändung muß schon nach zwei Monaten gerechnet werden/ Telephonboykott fand große Zustimmung, da er »leichter zu organisieren ist«/

Kreuzberg. Nicht länger tatenlos und ohnmächtig zusehen, »wie jede Minute Menschen ermordet und die ganze Welt zerstört wird«, wollen die Mitarbeiterinnen von »Akarsu«. Dem Aufruf des Gesundheits- und Beratungsprojekts türkischer und anderer Frauen, Möglichkeiten eines Kriegssteuerboykotts zu diskutieren, waren am Mittwochabend rund 70 Interessierte gefolgt. In ihrem Eingangsreferat verwies Sevim Celebi, eine der Mitinitiatorinnen, noch einmal eindringlich darauf, daß es im Krieg am Golf in erster Linie um die Wahrung westlicher Interessen und des Wohlstandes ginge.

Der Aufruf der Akarsu-Frauen, den Krieg weder mitzutragen, noch — per Steuern — mitzufinanzieren, richtete sich insbesondere an alle selbstverwalteten Frauen-Projekte, Vereine und Kollektive, die — im Falle eines breit getragenen Steuerboykotts — ein deutliches politisches Zeichen setzen und Sand ins Getriebe der Finanzbürokratie bringen könnten. Anfallende Säumnis- (ein Prozent der einbehaltenen Lohnsteuer) und Mahngebühren (35 DM) müßten von den ArbeitnehmerInnen und Mitgliedern privat gezahlt werden. Mit Lohnkontenpfändung muß innerhalb von zwei Monaten nach Abgabe der Steuer- und Boykotterklärung beim Finanzamt gerechnet werden. Einfacher sei es da für freie UnternehmerInnen. Die seien, was ihre Konten betrifft, gegenüber dem Fiskus nicht rechenschaftspflichtig und könnten ihr Girokonto vorsorglich »räumen«.

Den Einwand einiger TeilnehmerInnen, eine Beteiligung am Steuerboykott würde die von Senatsgeldern abhängigen und ohnehin schon von massiven Kürzungen betroffene Projektszene und damit auch deren »hier politisch wichtige Arbeit« gefährden, ließ Sevim Celebi nicht gelten: Die Angst »um unsere vergleichsweise gesicherte Existenz stehe zum Massenmord am Golf« in keinem Verhältnis. Schließlich gebe es immer viele Gründe, nichts zu tun.

Die Idee eines Telefonrechnungsboykotts stieß demgegenüber auf ungeteilte Zustimmung, da sie vergleichsweise einfach und von vielen Einzelnen mitgetragen werden kann. Die Friedenssteuerinitiative (FSI) rät, zehn Prozent der Telefonrechnung einzubehalten (dies ist der Anteil, den das Postunternehmen Telekom, rund vier Milliarden DM jährlich an den Bundeshaushalt zahlt). Aus erfahrener Quelle war zu erfahren, daß mit Sanktionen (Sperrung des Anschlusses bzw. Pfändung) ab einem Fehlbetrag von 100 DM zu rechnen ist. Nähere Informationen zu Möglichkeiten des Steuerboykotts sind einer Broschüre der FSI, Postfach 200807, 53 Bonn 2, zu entnehmen. Das nächste Koordinationstreffen für alle an der Aktion »Kein Geld für Krieg« Interessierte findet nächsten Mittwoch, 19 Uhr im Akarsu, Oranienstraße 25, statt. bcs