Handschmeichler zum Valentinstag

■ Was die BerlinerInnen am profitträchtigsten Tag der Tulpenbranche alles einfiel, und warum er überflüssig ist

Berlin. Der Vatertag ist ein gewinnbringender Einfall der Krawattenindustrie, und daß es den von den Nazis erfundenen Muttertag heute noch gibt, verdanken wir im wesentlichen den Werbestrategen der deutschen Süßwarenhersteller. Gestern kamen auch die Blumenhändler zu ihrem Recht. Sie haben den Valentinstag auch vergessen? Macht nichts. Wer ein von der Tulpenbranche inszeniertes Datum braucht, um seiner Bekannten mal eine kleine Freude zu machen, gehört sowieso ins Kloster. Aber recherchieren wir ruhig mal.

Am meisten war in der Telegrammannahme los. Die Damen vom Amt nahmen am 14. Februar »ziemlich viele« Liebesbotschaften auf, darunter verschlüsselte, die nur vom Sender und der Adressatin verstanden werden. Beispielsweise: »Denk an den Bolero auf spanisch.« Oder: »Im Erpelgrund geht's rund. Stop. Dein Valentin.« Dazu kamen offene Liebesgeständnisse, darunter oft die klassische Variante ‘Ich liebe Dich‚, am Ende wahlweise mit oder ohne Ausrufezeichen (kostet nur geringen Aufpreis). Ebenfalls telegrafiert wurde: »Ich hab' Dich soo lieb« (Ein »O« mehr kostet nichts extra) und »Ich mag Dich sehr, Schatzi!« im Schmucktelegramm. Denn für fünf Mark Zuschlag gibt es schon gelbe Rosen auf Seide oder ein Stilleben mit Strelitzien. Besonders bekloppt: das Telegramm eines Ehemanns, der seiner Gattin allen Ernstes »Herzlichen Glückwunsch zum Valentinstag!« ausrichten ließ. Hoffentlich hat die arme Frau das ernstgenommen und sofort ihren Liebhaber angerufen.

Bei den Juwelieren war weniger los. Einen größeren Umsatz von Verlobungsringen konnte niemand der von der taz befragten Geschäftsleute bestätigen. »Die Leute heiraten ja heutzutage gleich sofort, wenn se das überhaupt machen!« klagte einer. Dafür gingen Herzchen ganz gut: »Als Ohrring, Kettenanhänger, Lesezeichen oder Handschmeichler, wahlweise in Gold, Silber oder Bernstein«, erklärte eine Verkäuferin. Auch in den Blumenläden gab's keine Überraschungen. Rote Rosen — logo — und Tulpen, Mimosen, Margeriten sind Valentinsblumen. Aber wer war das überhaupt?

Valentin, so belehrt uns eine von der Blumenbranche herausgegebene Pressemappe, sei ein Mönch gewesen, der vor 1.700 Jahren frisch verliebte Paare christlich getraut hat. Nach der Zeremonie schenkte er ihnen Blumen. Dem kriegslüsternen Kaiser Marcus Aurelius Goticus gefiel das aber nicht, weil er — so steht es in der Pressemappe — lieber Soldaten als verliebte Männer brauchen konnte. Deshalb wurde Valentin am 14. Februar des Jahres 269 einen Kopf kürzer gemacht. Aber die Liebenden haben ihren Valentin natürlich nie vergessen und blablabla. Dann verweist der unbekannte Autor noch auf die Valentinstradition in England und den USA, wo dieser Tag seit Jahrhunderten angeblich ausschweifend und mit vielen Blumen gefeiert wird. Und nach dem 2. Weltkrieg hätte sich der Brauch auch bei uns durchgesetzt: Wegen der vielen bei uns stationierten GIs, die den deutschen Frolleins am 14. Februar immer Blumen mitgebracht hätten.

Eine Nachfrage bei der in New York lebenden bekannten Journalistin Marcia Pally entlarvt das ganze aber als dummes Werbegewäsch. Was machen die Amerikaner am Valentinstag? »We make love!« sagt sie. Natürlich gibt's auch in den USA blöde Herzchen, Handschmeichler oder Lesezeichen, aber, so Mrs. Pally: »Love is serious, not funny!« Dem ist auch am Valentinstag nichts hinzuzufügen. CC Malzahn