Bremer Handballwunder

■ Aufsteiger TuS Walle vor der deutschen Meisterschaft PRESS-SCHLAG

Fans sprechen ehrwürdig vom „Waller Wunder“, benannt nach dem sagenhaften Stadtteil im Bremer Westen, wo sich das Mirakel vollzieht. Und wenn es so weitergeht, werden die Anhänger des Frauen-Hallenhandballs wohl bald mit Kerzen zum Sportzentrum Hohweg pilgern. Am Mittwoch schlugen dort die Handballmadonnen vom TuS Walle Bremen den hartnäckigsten Konkurrenten um die Deutsche Meisterschaft, Leverkusen, mit 24:22 und behaupten damit weiter ungeschlagen die Tabellenspitze der Bundesliga.

Die Sage geht, daß der TuS Walle vor Jahren noch ein ganz normaler Sportverein war. Die Handballdamen muckelten in der Oberliga Nordsee und lieferten sich mit der lokalen Konkurrenz erbitterte Duelle. Schon damals gab es ein für Sagen und Wundergeschichten unentbehrliches Dreigestirn beim TuS Walle: Den starken Trainer Hans-Herbert Ludolf, die schöne Kreisläuferin Diana Brüggemann und den weisen Großmäzen Volker Brüggemann, der, wie könnte es anders sein in Wundergeschichten, mit der schönen Kreisläuferin durch das zarte Band der Familie dergestalt verknüpft war, daß er Diana sein Töchterlein nannte.

Und es sprach der Großmäzen Volker Brüggemann: „Des Muckelns ist genug“, und schaute in seinem Mäzenatensäckel nach, wieviel Argumente er wohl noch darinnen verwahrte. Es war noch eine ganz stattliche Anzahl, und so überzeugte er erst einmal die besten Handballerinnen der Stadt, das Wunder von Walle zu vollbringen. Und Trainer und Tochter waren's zufrieden.

So stiegen sie dann auf und auf, und keine Mannschaft mochte ihnen eines Punktverlustes Leid antun. Argument nach Argument zählte der weise Großmäzen auf den Tisch, überzeugte weiter die ungarischen Nationalspielerinnen Czilla Elekes, Aniko Geczi und Eva Kiss, wahrlich der beste Rückraum, den ein europäisches Land je auf Hallenhandballboden gestellt hatte, und fand auch Gefallen an der quirligen Rechtsaußen Klara Orban. Und den Siegen folgten stürmische Feste, und das Dreigestirn sah das Wunder wachsen und war's zufrieden.

Jahre gingen ins Land, in denen der TuS Walle ungeschlagen blieb, bis er schließlich auf der letzten Sprosse der Leiter stand, der Bundesliga. Und noch immer wußte der weise Großmäzen viele Argumente, denen sich die Rückraumspielerinnen Cordula David und Silke Fittinger aus der ehemaligen DDR nicht länger verschließen mochten. Und so erging es auch Renata Zienkiewicz, des früheren Deutschen Meisters Lützellindens Rückraumklebe. Die Frauen spielten Handball tagaus und tagein, und droschen soviel Bälle in die Tore der Gegnerinnen, bis ihr Spiel reines Gold wurde.

So vollzog sich allmählich das Wunder von Walle, in dessen Zentrum das Dreigestirn wirkte und zählte und zahlte. Hier berühren sich Ende und Anfang von Geschichte und Legende, denn mittlerweile haben einige Bremer Unternehmen die Werbeträchtigkeit des Handballwunders erkannt. Seit einem Jahr aquiriert die Marketing- Gesellschaft KSM Sponsoren um die Frauen der schönen Kreisläuferin Diana Brüggemann, und wie im richtigen Wundergeschichten regnet es am Ende tüchtig Taler vom Himmel.

Noch heute zeugen die heimspieltäglichen Prozessionen der gläubigen Bremer Handballgemeinde vom Waller Wunder, das man sich im nächsten Jahr wohl in ganz Europa erzählen wird. mad