Stoltenberg an der türkischen Front

■ Nach Treffen mit Staatschef Özal besucht der Minister Bundeswehrsoldaten in Erhac und Diyarbakir

Erhac (taz/dpa) — Vor seinem geplanten Besuch der deutschen Bundeswehrsoldaten in der Türkei traf Bundesverteidigungsminister Stoltenberg am Mittwoch in Ankara mit der türkischen Führungsspitze zusammen. Nach seinem Gespräch mit Staatschef Özal, Verteidigungsminister Dogan und Ministerpräsident Agbulut erklärte er, die BRD tue alles im Rahmen der Verfassung mögliche, um die Alliierten — insbesondere die Türkei — zu unterstützen. Sie wolle dazu beitragen, daß sich der Krieg nicht ausweitet.

Im Vorfeld hatte es heftige Diskussionen um die Interpretation des Besuchs des Verteidiungsministers in der Türkei gegeben. Während die türkischen Medien die Reise als offiziellen Staatsbesuch werten wollten, wurde von deutscher Seite betont, es handele sich lediglich um einen einfachen Truppenbesuch. Deshalb sollten anfangs auch nur die beim Verteidigungsministerium angemeldeteten 15 Bonner Journalisten den Minister begleiten. Kurz vor dem Besuch der beiden Basen Erhac und Diyarbakir wurden dann doch noch andere Korrespondenten zugelassen.

Stoltenbergs Aufenthalt in Erhac galt den Jagdbombergeschwadern 41 und 43 sowie der Flugabwehrraketengruppe 42 aus Schöneck in Hessen, die für den Aufbau der Roland- Raketen verantwortlich sind. Seit zwei Wochen befinden sich die deutschen Soldaten in der Türkei. Gestern trafen die ersten Raketen in Diyarbakir ein.

Einzelne Bundeswehrsoldaten erklärten der taz , sie seien völlig von der lokalen Bevölkerung isoliert und unterlägen einer Ausgangssperre. Diese werde mit der Gefahr terroristischer Anschläge begründet. Sie leben in einer „deutschen Enklave“ und kennen nach ihren Worten nur den Weg von der Truppenbasis zum Hotel. Auf die Frage, ob sie wüßten, daß es sich bei der lokalen Bevölkerung um Kurden handelt, die die deutschen Soldaten als Bedrohung empfinden, reagierten die Soldaten überrascht und empört. Minister Stoltenberg versuchte bei seinem fünfstündigen Besuch in Erhac, die Soldaten mit Nachrichten aus der Heimat aufzuheitern. Die Mehrheit der Deutschen, so Stoltenberg, unterstütze ihre Mission in der Türkei, das hätten Umfragen ergeben. Über andere Zweifel soll den Soldaten offenbar eine Auslandszulage von 350 Mark hinweghelfen. Schließlich beruhigte Stoltenberg die Männer: Bis zum 16. Februar sollten die zu ihrer Verteidigung eingeflogenen Roland- und Hawk-Systeme aufgebaut sein. Und letztendlich kämen sie ja alle wieder nach Hause, wenn denn der Krieg vorbei sei. Lizzi Schmidt