Israel: „Krieg ist immer schmutzig“

■ Israel befürchtet nach der Bunkerbombardierung eine Eskalation des Krieges

Nach der Bunker-Bombardierung in Bagdad „hält Israel den Atem an“, wie die Zeitung 'Hadschot‘ schreibt. Die israelische Bevölkerung befürchtet eine Intensivierung der irakischen Raketenangriffe als Reaktion Husseins: „An Amerika kann sich Saddam nicht rächen, aber an Israel“, formulierte ein Bewohner von Tel Aviv die Sorgen vieler. Dennoch rechtfertigen die amtlichen und sonstigen Medien den Angriff auf den Bagdader Luftschutzbunker am Mittwoch, der mehrere hundert zivile Todesopfer gefordert hatte. Die Bunkerbombardierung habe lediglich gezeigt, so 'Hadschot‘, daß „das kein Krieg ist, in dem die Amerikaner saubere und die Iraker schmutzige Hände haben: Krieg ist immer schmutzig.“

In anderen Medien wird die irakische TV-Darstellung des bombardierten Bunkers und der Opfer als „Propagandashow“ Saddams abgetan: „Spezialisten“ erklären die Brandwunden eines im Fernsehen gezeigten Jungen für mindestens 14 Tage alt, ein „Experte in Body Language“ findet, daß ein Mann, der neben dem Bunker in Tränen ausbrach, „Zeichen von gespieltem Verhalten in einer inszenierten Situation“ vermittelt.

Israel ist bemüht, jede Initiative zu verhindern, deren Absicht oder „Nebeneffekt“ ein „vorzeitiges“ Ende des Krieges gegen den Irak wäre — schließlich hat für Israel die Frage der Befreiung Kuwaits nie eine wesentliche Rolle gespielt. Es ging vielmehr von Anfang an immer um die möglichst totale Vernichtung des irakischen Potentials. Um israelische Befürchtungen vor einem baldigen Waffenstillstand zu zerstreuen, versicherte US-Außenminister Baker in einer Botschaft an seinen Amtskollegen in Tel Aviv, Levy, daß die USA und ihre Verbündeten den Krieg „bis zum Erreichen aller Kriegsziele“ führen würden.

Premierminister Schamir wiederholte unterdessen, auch Saddam Hussein müsse beseitigt werden. Wenn Saddam Hussein an der Macht bliebe, so Schamir, würde das nur einen Krieg gegen Israel zu einem späteren Zeitpunkt bedeuten.

Inzwischen hat der als „Falke“ in der israelischen Regierung bekannte Minister für Häuserbau, Ariel Scharon, eine sensationelle Erklärung dementiert, die gestern das Knesset- Mitglied der liberalen Oppositionspartei Raz, Jossi Sarid, veröffentlicht hatte. Laut Sarid soll Scharon im Regierungsrahmen gefordert haben, daß Israel im Irak militärisch intervenieren soll, auch wenn deshalb die antiirakische Kriegskoalition zusammenbricht: Es sei vielmehr im Interesse Israels, diese Koalition rechtzeitig zu zerstören, weil deren Mitglieder nach dem Krieg von Israel große Konzessionen verlangen würden. Jossi Sarid bezeichnte die Ausdrucksweise Scharons als „verantwortungslos“. Scharon selbst erklärte, er fände es bedenklich, wenn Auszüge von politischen Debatten an die Öffentlichkeit gebracht werden, besonders wenn es um Fragen über Leben und Tod gehe.

In einem Kommentar zu der Bombardierung des Luftschutzbunkers in Bagdad erklärte der Militärexperte der Tageszeitung 'Haarez‘, Zeev Schif, die Luftangriffe wären jetzt in einer zweiten Phase, in der nicht mehr nur militärische Ziele und Waffenfabriken Ziele seien, sondern die Infrastruktur des Landes, die sowohl die Militärs als auch die zivile Bevölkerung versorgt: Brücken, Raffinerien, Kommunikationszentren, Elektrizitäts- und Wasserwerke etc.

Bei diesen Angriffen auf die Infrastruktur, schreibt Zeev Schif, gäbe es keine Möglichkeit, zivile Opfer zu vermeiden. Die amerikanischen Angriffe hätten das Ziel, so der Militärexperte weiter, die Iraker vor die Frage zu stellen, ob man sich aus Kuwait zurückzieht oder sich das ganze Land in Schutt und Asche bombardieren läßt. Amos Wollin, Tel Aviv