Abgeordneter Griesche kann sich nicht erinnern

■ Bremer Stellenschieber: CDU beantragte „Aktuelle Stunde“ / Grobecker verweigert Aussage

Am Mittwoch wird die Bremische Bürgerschaft über einen Mann aus ihren eigenen Sitzreihen debattieren: Über den Sprecher der Finanzdeputation, den SPD-Abgeordneten Detlef Griesche. Denn Griesche bewirbt sich um eine Professur an der „Hochschule für öffentliche Verwaltung“ und wird dabei — nach Informationen der taz — seit fast zwei Jahren kräftig von Finanzsenator Claus Grobecker unterstützt. In einem Brief vom 19.5.89 hatte Finanzsenator Grobecker dem Abgeordneten Griesche unumwunden mitgeteilt: „Ich biete Dir an, Hochschullehrer zu werden.“ Die CDU-Bürgerschaftsfraktion hatte den taz- Bericht zum Anlaß genommen, für Mittwoch im bremischen Landtag eine „Aktuelle Stunde“ zu beantragen.

Finanzsenator Grobecker war gestern für die Medien nicht zu sprechen, sondern ließ mitteilen: Die JournalistInnen sollten warten bis zur Sitzung der Bürgerschaft, dort werde er sich äußern. Detlef Griesche weigerte sich nur gegenüber der taz, Stellung zu beziehen. Gegenüber der Regionalsendung „Buten & Binnen“ erklärte er: „Ich habe da ein sehr gutes Gewissen. Das war ein ganz normales, ordentliches Berufungsverfahren.“ Daß er den Grobecker-Brief bekommen hat, wollte Detlef Griesche gegenüber „Buten & Binnen“ nicht ausschließen. Er könne sich an den Brief aber nicht mehr erinnern.

Der grüne Fraktionsgeschäfts

Bitte Karikatur

führer Rainer Oellerich forderte einen „Neubeginn mit öffentlicher, überregionaler Ausschreibung“: „Sonst geht der Geruch des Filzes von dieser Sache nicht weg.“ Oellerich: „Das Gesetz ist nicht beachtet worden.“ Die FDP-Abgeordnete Annelene von Schönfeldt zeigte sich „amüsiert“ über die „Ernsthaftigkeit“ der SPD, die eigenen Beschlüsse zur Förderung von Frauen umzusetzen: „Mir will nicht in den Kopf, daß die promovierte Konkurrentin, die ein Studium der Philosophie, Soziologie und Ge

schichte absolviert hat, schlechter qualifiziert sein soll als der mit einem Staatsexamen für das höhere Lehramt ausgestattete Detlef Griesche. So bleibt nur die Vermutung, daß das gewichtige Wort des Finanzsenators die Waagschale neigte.“

Der Rektor der „Hochschule für Öffentliche Verwaltung“, Professor Wesche, erklärte, von einer „Absprache“ sei ihm „nichts bekannt“. Seine Hochschule werde das „rechtlich nicht zu beanstandende Verfahren zu Ende führen“.

Nachdem die Berufungskommission Griesche am 4. Februar nominiert habe, müßten nun noch die Berufungsberichte und die Laudatio geschrieben werden. Dann hätten Fachbereichsräte und Hochschulrat zu entscheiden. Im Hochschulrat sitzen fünf Professoren, ihre Mehrheit wird den Ausschlag geben.

Sollte die „Griesche-Liste“ im Hochschulrat durchgehen, wird sie noch vier Senatsressorts „zur Abstimmung“ vorgelegt: Dem Senator für Inneres, dem Senator für Bildung sowie den beiden Grobecker-Ressorts „Finanzen“ und „Senatskommission für das Personalwesen“. Werner Alfke, der Sprecher des Bildungssenators auf Anfrage: „Wir werden überprüfen, ob die formalen Voraussetzungen für eine C3-Professur gegeben sind. Alle Ungewöhnlichkeiten muß die SKP (Senatskommission für das Personalwesen — d.R.) uns gegenüber begründen. Wir als Bildungsbehörde berufen üblicherweise an Hochschulen, die uns unterstehen, für C3-Professuren nur Bewerber mit Promotion. Wenn diese Hochschulen eine Ausschreibung machen, dann üblicherweise überregional. Aber die Hochschule für öffentliche Verwaltung ist eine Besonderheit, sie untersteht der SKP.“

Die aus dem Verfahren heraus bugsierte Bewerberin hat sich zu einer Klage vor dem Verwaltungsgericht entschlossen. Barbara Debus