Szenen der deutsch-arabischen Freundschaft

■ 1937 begann ein Flirt zwischen der deutschen Regierung und dem Großmufti von Jerusalem / Grundlage war das gemeinsame Interesse an der „Regelung der Judenfrage“/ Waffenlieferungen, Öl und arabischer Nationalismus bildeten schon damals ein brisantes Gemisch/ Eine Dokumentation

Reichsaußenminister Neurath an die deutschen Vertretungen in London, Jerusalem und Bagdad — 1. Juni 1937:

„Zur Regelung der Sprache:

1)Bildung eines Judenstaates oder jüdisch geleiteten Staatsgebildes unter britischer Mandatshoheit liegt nicht im deutschen Interesse, da ein Palästina-Staat das Weltjudentum nicht absorbiert, sondern zusätzliche völkerrechtliche Machtbasis für internationales Judentum schaffen würde — etwa wie Vatikan-Staat für politischen Katholizismus oder Moskau für Komintern.

2)Es besteht daher ein deutsches Interesse an Stärkung des Arabertums als Gegengewicht gegen etwaigen solchen Machtzuwachs des Judentums [...]

Zusatz für Bagdad:

Hierbei wäre das deutsche Verständnis für die arabischen nationalen Bestrebungen deutlicher als bisher jedoch ohne bestimmte Zusicherungen zu bekunden.“(Akten zur

Deutschen Auswärtigen Politik —

ADAP, Serie D, Bd.5, S.629)

Runderlaß des Auswärtigen Amtes — 22. Juni 1937:

„Die jüdische Presse — auch in Deutschland — setzt sich seit Monaten in leidenschaftlicher Form für die Bildung eines jüdischen Staates [...] ein, wobei für eine möglichst große Ausdehnung des jüdischen Territoriums Propaganda gemacht wird [...] Die arabische Welt [...] bekämpft jede Maßnahme der britischen Mandatsmacht, die den jüdischen Einfluß in Palästina stärken könnte [...]. Dabei stehen die Regierungen der arabischen Staaten, insbesondere des Iraks, aber auch Ägyptens nach den vorliegenden Meldungen völlig auf der Seite der Araber in Palästina [...]“ (Zwar wurde die jüdische Auswanderung nach Palästina noch offiziell von deutschen Stellen gefördert, G.A.) „[...] in Wirklichkeit besteht aber größeres deutsches Interesse daran, die Zersplitterung des Judentums aufrechtzuerhalten. Denn die Judenfrage wird für Deutschland nicht gelöst sein, wenn kein Angehöriger der jüdischen Rasse mehr auf deutschem Boden seßhaft ist [...]. Die Judenfrage ist daher zugleich eines der wichtigsten Probleme der deutschen Außenpolitik. Es besteht daher auch ein erhebliches deutsches Interesse an der Entwicklung in Palästina.“

(ADAP/D/5/632)

Telegramm des deutschen Generalkonsuls in Jerusalem — 15. Juli 1937:

„Großmufti [von Jerusalem, Hajj Muhammed el-Huseini, G.A.] aufsuchte mich heute [...], betonte arabische Sympathien für neues Deutschland und aussprach Hoffnung, daß Deutschland arabischem Kampf gegen Judentum sympathisch gegenüberstehe und bereit sei, diesen zu unterstützen.“

(ADAP/D/5/637)

Telegramm des deutschen Gesandten in Bagdad — 17. Juli 1937:

„Premierminister scheint Erklärung verantwortlicher deutscher Politiker gegen Judenstaatplan zu erwarten. Weiter erklärte er, daß Irak Kampf gegen den Judenstaat nur erfolgreich führen könne, wenn er sich jetzigem finanziellen Druck Englands nicht zu beugen brauche, daß daher sofortige nicht-englische Anleihe große Hilfe für Irak sein werde.“

(ADAP/D/5/638)

OMGUS, Ermittlungen gegen die Dresdener Bank, S. 6, 46:

„Die Dresdener Bank plant gemeinsam mit der deutschen Kriegsmarine die Beschaffung und Tarnung großer Ölreserven in Mexiko und im Irak; sie erhält den Auftrag Ölkonzessionen zu besorgen.“

Auswärtiges Amt — 7. August 1937:

„Das deutsche Interesse an der Förderung der jüdischen Auswanderung nach Palästina wird [...] durch das weitaus größere Interesse an der Verhinderung der Bildung eines jüdischen Staates kompensiert [...]. Die Folge dieser Überlegung wäre — abgesehen von innenpolitischen Maßnahmen, wie Umlenkung der jüdischen Auswanderung nach anderen Staaten als Palästina — der Entschluß, das Arabertum mit Geld und Waffen zu unterstützen. Mit Rücksicht auf die Entwicklung des deutsch-englischen Verhältnisses ist von dieser Maßnahme abzusehen.“

(ADAP/D/5/641f.)

Politische Abteilung des Auswärtigen Amtes — am gleichen Tag:

„Außenpolitische Maßnahmen, die deutscherseits gegen den Judenstaat getroffen werden könnten, wäre die Aufnahme von Verbindungen mit anderen europäischen Regierungen, die ebenfalls gegen den Judenstaat eingestellt sind, zwecks Herstellung einer gemeinsamen Aktions-Front, oder die direkte und indirekte Unterstützung von Bewegungen, die gegen den Judenstaat gerichtet sind. Ferner käme die direkte Unterstützung der Araber durch Waffen und Geld in frage, sei es in Palästina selbst, sei es auf dem Umweg über andere arabische Länder, in erster Linie den Irak.“ (ADAP/D/5/644)

Bericht des deutschen Gesandten in Djidda — 18. Februar 1939:

„Den Ausgangspunkt der mit mir geführten Besprechungen bildete die Feststellung, daß Saudisch-Arabien und Deutschland einen gemeinsamen Todfeind hätten, nämlich die Juden, und daß beide ferner sich in der Abwehr gegen englische Feindseligkeiten befänden [...]. Die Gemeinsamkeit der Interessen erfordere ein Zusammenarbeiten beider Länder [...]. Falls Deutschland in der palästinensischen Frage irgendwelche Maßnahmen ergreifen wolle, sei die saudisch-arabische Regierung bereit, bei der Durchführung dieser Maßnahmen behilflich zu sein [...]. Ibn Saud bittet darum, ihm bei der Aufrüstung seines Landes zu helfen. Seine erste Forderung geht auf die Lieferung von Gewehren und Munition sowie einer kleinen Patronenfabrik. Der von ihm beauftragte Königliche Rat, Scheich Khalid al-Hud, steht wegen Bestellung von 8.000 Gewehren mit je 1.000 Schuß Munition und einer kleinen Patronenfabrik mit der Ferrostahl A. G. In Essen in Verbindung, hat aber auf sein Kaufangebot seit längerer Zeit keine Antwort erhalten. Die Bestellung soll nur einen Anfang darstellen. Die saudisch-arabische Regierung benötigt noch drei weitere Patronenfabriken, ferner Flugabwehrgeschütze und anderes Kriegsgerät. Ein Eingehen auf diese Wünsche der saudisch- arabischen Regierung wird es mit sich bringen, daß auch deutsche Sachverständige für die betreffenden Fragen in Saudisch-Arabien tätig sein werden [...]. Die Abmachungen zwischen Saudisch-Arabien und Deutschland sollen so vertraulich geführt und unsere zu gewährenden Unterstützungen sollen so diskret geleistet werden, daß sie anderen Mächten, vor allem England, keinen Anlaß zur Gegenaktion geben.“

(ADAP/D/5/673f.)

Deutsch-saudische Verhandlungen im Auswärtigen Amt — 28. Februar 1939:

„Dann [kam] der saudische Vize- Außenminister Fuad-Hamza auf die Frage der Waffenlieferungen zurück. Diese wurden von ihm mit dem Oberkommando der Wehrmacht verhandelt. Er drang dabei auf Lieferung nicht nur für seinen König, sondern auch für Palästina und erklärte den Weg über Saudisch-Arabien für ganz sicher. Die Transporte wurden im einzelnen durch die Abwehr zusammengestellt. Der Dampfer lag abgangbereit, als absolut schlüssige Nachrichten kamen, daß Fuad- Hamza von den Engländern gekauft sei. Es unterblieb deswegen sowohl der Transport über Saudisch-Arabien wie auch ein zweiter, der mit dem irakischen Ministerpräsidenten verabredet war und über den persischen Golf geleitet werden sollte.“

(ADAP/D/5/681)

Legationsrat v. Hentig über die Beziehungen zu Saudisch-Arabien — 22. Mai 1939:

„Für eine Hilfe Deutschlands, die zunächst in der Lieferung von 8.000 Gewehren und einer Munitionsfabrik zu günstigen Bedingungen gesehen wird, bietet [Ibn Saud] nicht nur seine Neutralität, unter Umständen sogar aktives Bündnis, sondern vom Tage eines diesbezüglichen Abkommens seine volle Unterstützung bei allen deutschen Unternehmungen in seinem Königreich und bevorzugte Beteiligung der Deutschen bei der Organisation des Staates und Ausbeutung seiner Wirtschaftsquellen an.“(ADAP/D/10/462)

Am 20 Juni 1939 empfing Hitler den saudischen Sondergesandten Khalil al-Hud auf dem Obersalzberg, versprach ihm die Lieferung der bestellten Waffen und der Munitionsfabrik ebenso wie die gemeinschaftliche Bekämpfung der Juden.

Der Großmufti von Jerusalem aus dem Bagdader Exil an den deutschen Botschafter in Ankara — 21. Juni 1940:

„Palästina, das seit vier Jahren die Demokratien und das Internationale Judentum bekämpft, bleibt weiterhin bereit, seine Aktivitäten innerhalb des Landes und auch in den anderen arabischen Ländern zu verdoppeln [...]. Ich bitte Sie, Exzellenz, mit meinem Freund Naji bey [dem irakischen Justizminister, G.A.] die arabische Frage und die Zukunft Palästinas und Syriens zu besprechen, ebenso die Pläne Ihrer Regierung zur Festigung der Zusammenarbeit unserer beiden Völker.“

(ADAP/D/10/119)

Gespräch zwischen dem deutschen Botschafter in Ankara und dem irakischen Justizminister — 6. Juli 1940:

„Ich sagte dem Justizminister, daß alle Völker, die für ihre Freiheit kämpften, naturgemäß auch selbst einen Beitrag zu liefern hätten. Wir müßten erwarten, daß jetzt, wo der Endkampf gegen England bevorstehe, die irakische Volksregierung auch militärisch alles tun werde, um den Kampf zu unterstützen [...]. In diesem Zusammenhange möchte ich anregen, gegebenenfalls auf Herrn Steffen, Berlin, Schlüterstraße 45, zurückzugreifen, der als Vertreter von Rheinmetall, wie mir bekannt ist, über ausgezeichnete Beziehungen zum irakischen Generalstab verfügt.“(ADAP/D/10/117f.)

Unter der Federführung des Auswärtigen Amtes wird im Sommer 1940 die „Aussiedlung“ der damals im deutschen Herrschaftsbereich lebenden Juden nach Madagaskar erwogen. Die Insel liegt an der Peripherie eines „Kolonialreiches Mittel-Afrika“, das nach dem Sieg über Frankreich erobert werden soll. In einem bevölkerungswissenschaftlichen Gutachten zum Madagaskar-Projekt wird — nebenbei — die Aussiedlung der in Palästina lebenden jüdischen Bevölkerung — etwa eine Million Menschen — vorgeschlagen. (Aly/ Heim, Vordenker der Vernichtung, S. 263f.)

Rundschreiben des Auswärtigen Amtes — 20. August 1940:

„Deutschland verfolgt im Mittelmeerraum, dessen südlicher und östlicher Teil von der arabischen Welt gebildet wird, keine politischen Interessen. Es wird daher Italien bei der Neugestaltung auch des arabischen Raums die Vorhand lassen [...]. Dieses politische Desinteressement bedeutet indessen keineswegs einen Verzicht Deutschlands auf die Verfolgung wirtschaftlicher, verkehrspolitischer und kulturpolitischer Interessen. Vor allem wird Deutschland seine Ansprüche auf die Beteiligung an der Ausbeutung von Ölquellen [...] geltend machen. Diese Richtlinien werden jedoch vertraulich zu behandeln sein [...]. Insbesondere dürfen sie nicht arabischen Persönlichkeiten mitgeteilt werden.“ (ADAP/D/10/425f.)

Transportprobleme — Berlin, 4. Februar 1941:

„Wegen Waffenlieferungen nach dem Irak kommt der Transportweg über die Sowjetunion zur Zeit nicht in Frage. Alle anderen Wege können geprüft und versucht werden [...]. Der Herr Reichsaußenminister lehnt jedoch Pläne, wie sie kürzlich Admiral Canaris entwickelt habe', ab. Dies gilt insbesondere für den Plan, Waffen nach dem Irak, in Verbindung mit der Lieferung eines Hochofenwerkes nach dem Iran, über dieses Land camoufliert zu liefern.“

(ADAP/D/12,1/16)

Oberkommando der Wehrmacht — 5. Februar 1941:

„Der deutsche Entschluß, den Italienern auch bezüglich ihrer politischen Arbeit im Mittelmeerraum Freiheit zu lassen, bedarf allem Anschein nach hinsichtlich der arabischen Länder der Überprüfung [...]. Diesseitigen Erachtens ist es an der Zeit, die politische Arbeit im Mittleren Orient künftig von Deutschland aus zu steuern und hier schnell und energisch zu handeln. Hierzu gehört, daß wir als Kriegsziel der Achse die Selbstständigkeit Arabiens anerkennen. Wir sind insofern gut daran, als wir den Arabern keine nur erträgliche Regelung der Judenfrage in Palästina zu versprechen brauchen, sondern mit gutem Gewissen den Arabern auf diesem Gebiet jede Konzession machen können [...].“

(ADAP/D/12,1/26f.)

Am 11. Februar 1941 landen die ersten Truppen des „Deutschen Afrika Korps“ unter Führung Rommels in Tripolis. Sie rücken Richtung Alexandria vor.

Reichsaußenminister v. Ribbentrop über Waffenlieferungen an den Irak — 21. April 1941:

„Auf dem Landweg können Waffen nur durch die Türkei nach dem Irak gebracht werden. Direkten Waffentransport nach dem Irak wird die Türkei nicht zulassen. Jedoch könne Waffen nach Afghanistan deklariert werden, da in diesem Falle die Türkei Durchfuhrerlaubnis erteilt. Die Herbeiführung des Einverständnisses der Afghanischen Regierung mit solchem Vorgehen ist in die Wege geleitet. Die Waffen würden alsdann auf dem Wege nach Afghanistan im Irak hängen bleiben.“

(ADAP/D/12,1/484f.)

2. Mai: Luftangriff britischer Flieger gegen irakische Truppen, die um den im Westirak gelegnen britischen Stützpunkt Habbaniya zusammengezogen worden waren. Die Iraker erwidern das Feuer und greifen den Stützpunkt an.

Ribbentrop an Hitler — 3. Mai 1941:

„Nach den anliegenden, heute nacht eingegangenen Telegrammen aus Ankara betrachtet sich die irakische Regierung als mit England im Krieg befindlich [...]. Ich beabsichtige, dem Gesandten Grobba, der sich mittels Flugzeug nach dem Irak begeben soll, das zu seiner Arbeit erforderliche Begleitpersonal mitzugeben. Er erhält ferner den Auftrag, unser Agentennetz im Vorderen Orient vom Irak aus zu leiten und noch weiter auszubauen [...]. Von unserer Zentrale Irak soll dann die ganze arabische Welt gegen England in Aufruhr gebracht werden [...]. Wäre es nicht die beste Hilfe, sofort ein Jagd- und Bombengeschwader dorthin zu verlegen?“ (ADAP/D/12,2/573)

23. Mai Weisung Hitlers zur Kriegsführung im Mittleren Orient: Die deutsche Luftwaffe sollte demnach den Irak mit 24 Flugzeugen unterstützen, „die irakische Wehrmacht beraten“ nach „Möglichkeit militärische Verbindungen mit England feindlichen Kräften auch außerhalb des Irak herstellen“ und „für die deutsche Wehrmacht Erfahrungen und Unterlagen in diesem Raum gewinnen“. Die Flugzeuge, die dann tatsächlich im Irak landeten, kamen zu spät. Am 31. Mai wurden die britisch-irakischen Kämpfe nach einer faktischen Niederlage der Iraker per Waffenstillstand beendet.

Weisung Hitlers für die Zeit nach dem Sieg über die Sowjetunion — 11. Juni 1941:

„Fortsetzung des Kampfes gegen die britische Position im Mittelmeer und in Vorderasien durch konzentrischen Angriff, der aus Lybien durch Ägypten, aus Bulgarien durch die Türkei und unter Umständen auch aus Transkaukasien heraus durch den Iran vorgesehen ist [...]. Ausnutzung der arabischen Freiheitsbewegung [...]. Die stärkste operative Wirkung würde ein möglichst gleichzeitiger Beginn der Angriffe gegen Gibraltar, Ägypten und Palästina ergeben.“(Hubatsch, Hitlers

Weisungen, S. 130ff.)

22. Juni 1941: Beginn des Krieges gegen die Sowjetunion

Das deutsche Marine-Oberkommando über die „Absichten nach Beendigung des Ostfeldzuges“ — 8. August 1941:

„7)Wenn der Zusammenbruch Sowjetrußlands die Voraussetzungen dafür schafft, ist der Angriff eines motorisierten Expeditionskorps durch Transkaukasien in Richtung Persischer Golf und in Richtung Irak-Syrien-Ägypten vorgesehen. Dieser Angriff wird aus Witterungsgründen erst im Frühjahr 1942 möglich sein.“(Internationales Militär-

gericht Nürnberg, Dok. 057-C)

Nach der Niederlage des Iraks gegen England flohen der irakische Ministerpräsident Gailani und der Großmufti Huseini über Teheran und Istanbul nach Berlin, wo sie beide von Hitler emfpangen wurden.

Gespräch zwischen Führer und Großmufti — 30. November 1941:

„Der Großmufti bedankte sich zunächst beim Führer für die große Ehre, die ihm dieser erwiese, in dem er ihn empfinge [...]. Die Araber seien die natürlichen Freunde Deutschlands, da sie die gleichen Feinde wie Deutschland, nämlich die Engländer, die Juden und die Kommunisten hätten. Sie seien daher auch bereit, von ganzem Herzen mit Deutschland zusammenzuarbeiten und stünden zur Teilnahme am Kriege zur Verfügung und zwar nicht nur negativ durch Verübung von Sabotageakten und Anstiftung von Revolutionen, sondern auch positiv durch die Bildung einer arabischen Legion [...]. Die Araber erstrebten in diesem Kampf die Unabhängigkeit und Einheit Palästinas, Syriens und des Irak [...] und die Beseitigung der national-jüdischen Heimat [in Palästina, G.A.].

Der Führer gab sodann dem Mufti folgende Erklärung ab, indem er ihn bat, sie in seinem tiefsten Herzen zu verschließen:

1)Er [der Führer] werde den Kampf bis zur völligen Zerstörung des jüdisch-kommunistischen Reiches [gemeint ist die Sowjetunion, G.A.] fortführen.

2)Im Zuge dieses Kampfes würde zu einem heute noch nicht genau nennbaren, aber jedenfalls nicht fernen Zeitpunkt von den deutschen Truppen der Südausgang Kaukasiens erreicht werden.

3)Sobald dieser Fall eingetreten sei, würde der Führer von sich aus der arabischen Welt die Versicherung abgeben, daß die Stunde der Befreiung gekommen sei. Das deutsche Ziel würde dann lediglich die Vernichtung des im arabischen Raum unter der Protektion der britischen Macht lebeneden Judentums sein. In dieser Stunde würde der Mufti der berufenste Sprecher der arabischen Welt sein.“

(Hillgruber, Staatsmänner und Diplomaten bei Hitler, Bd. 1, S. 662ff.)

Planspiel im Auswärtigen Amt — 13. Januar 1942:

„Das Ziel unseres Vormarsches im arabischen Raum wird neben der Besetzung der Länder Irak, Syrien und Palästina der Suez-Kanal und der Persische Golf sein [...]. Vorbereitet werden muß die Übernahme der Erdölanlagen in den verschiedenen Gebieten Arabiens und Iran.“

(Eichholtz, Kriegswirtschaft, Bd. 2, S.407f.)

20. Mai 1941: Deutsche Fallschirmjäger erobern Kreta. 28. Juni 1942: Beginn der deutschen Großoffensive in Südrußland in Richtung Wolga und Kaukasus. 15. Juli 1942: Besuch des geflohenen irakischen Ministerpräsidenten Gailani im Führerhauptquartier. Oktober 1942: Schlacht bei El Alamein, 100 Kilometer westlich von Alexandria, die mit einer Niederlage der Wehrmacht endet. 22. November: Die 6. Armee wird bei Stalingrad eingekesselt. Damit sind die weitgreifenden deutschen Nahost-Pläne gescheitert. In Tunesien beginnen die deutschen Okkupanten mit der Erfassung der jüdischen Minderheit (80.000 Menschen) und mit der Einrichtung von Ghettos. Das Projekt „Endlösung in Tunesien“ muß aber bald wegen der militärischen Niederlagen in Nordafrika aufgegeben werden.Die deutsche Regierung hielt aber daran fest, daß Palästina deutsches Land sei.

Auswärtiges Amt — 6. April 1944:

„Die rumänische Regierung hat sich vor einiger Zeit bereit erklärt, einer Gruppe von 7.000 rumänischen Juden, überwiegend Kindern, die Ausreise aus Rumänien zu gestatten. Die von deutscher Seite hier gegen erhobenen Vorstellungen hatten keine Wirkung.“

Da die Kinder vom Roten Kreuz per Schiff durch den Bosporus nach Palästina transportiert werden sollten, übte das Auswärtige Amt Druck auf die türkische Regierung aus:

„Gruppe Inland II [die für ,Judenfragen‘ zuständige Abt. des AA, G.A.] schlägt daher vor, der türkischen Regierung und dem Internationalen Roten Kreuz [...] antworten zu lassen, deutscherseits werde Palästina als arabisches Land angesehen, eine Unterstützung jüdischer Einwanderung nach Palästina könne daher durch Gewährung von Freigeleit für Judentransporte nicht in Betracht gezogen werden.“ (ADAP/E/7/607f.)

Zusammengestellt von Götz Aly