Endlager: Hannover verklagt Bonn

■ Das Umweltministerium in Hannover klagt gegen Töpfers Schacht-Konrad-Anweisung

Hannover (taz) — Über eine Fortsetzung des Genehmigungsverfahrens für das Atommüllendlager Schacht Konrad hat jetzt das Bundesverwaltungsgericht zu entscheiden. Das niedersächsische Umweltministerium hat gestern vor dem Berliner Gericht Klage gegen die „bundesaufsichtliche Weisung“ erhoben, mit der der Bonner Umweltminister Klaus Töpfer die umgehende Auslegung der Planfeststellungsunterlagen erzwingen will. Niedersachsen hat beantragt, die Weisung aus Bonn aufzuheben oder hilfsweise deren Rechtswidrigkeit festzustellen.

Das Umweltministerium in Hannover geht davon aus, daß die Klage aufschiebende Wirkung hat und damit bis auf weiteres die Konrad-Planunterlagen nicht ausgelegt werden müssen. Töpfers Weisung sieht Umweltministerin Monika Griefahn vor allem deswegen als rechtswidrig an, weil der Bund sie in eigener Sache erteilt hat. Atomrechtliche Genehmigungsverfahren führe das Land zwar in „Bundesauftragsverwaltung“ durch und wäre dadurch an Weisungen des Bundes gebunden. Beim Schacht Konrad hat der Bonner Minister über das Bundesamt für Strahlenschutz aber selbst die Genehmigung beantragt. „Der Bund hat das Land zu einem Verhalten angewiesen, das den Bund selbst unmittelbar begünstigt, den Interessen der niedersächsischen Bevölkerung jedoch zuwiderläuft.“

Inhaltlich streiten Land und Bund um die Frage, ob das Land zur Auslegung der Unterlagen gezwungen werden kann. Niedersachsen hatte bis zuletzt vom Bundesumweltminister eine gesonderte Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) verlangt, wie sie vom im August in Kraft getretenen UVP-Gesetz verlangt wird. Töpfer hatte sich aber geweigert, die Planunterlagen durch ein Umweltverträglichkeitsgutachten zu vervollständigen, und hatte statt dessen am 24. Januar die Weisung nach Hannover geschickt.

Der Berliner Rechtsanwalt Reiner Geulen wies gestern darauf hin, daß mit der Klage rechtliches Neuland betreten wird. Zwar sei das Bundesverwaltungsgericht auch für Streitigkeiten zwischen dem Bund und den Ländern zuständig, über eine Anweisung des Bundes habe es aber noch nie zu entscheiden gehabt.

Das Bundesverfassungsgericht hat in einem Urteil zum Genehmigungsverfahren des Reaktors in Kalkar die Auffassung vertreten, daß die Länder auch ihrer Ansicht nach rechtswidrige Anweisungen zu vollziehen haben. In einer Stellungnahme zu diesem Verfahren hatte das Bundesverwaltungsgericht den Ländern allerdings bei Weisungen des Bundes einen größeren Handlungsspielraum eingeräumt. Jürgen Voges