„Wer diese Länder für unreif hält ...“

■ Rüstungslieferungen an Irak: 1989 noch wollte der Kanzler nicht „überheblich“ sein und nahm darum die Sicherheitsinteressen des Irak „zur Kenntnis“/ Ein Briefwechsel

Berlin (taz) — Schon Konrad Adenauer kümmerte sich wenig um sein „Geschwätz von gestern“. Und was dem Alten recht war, kann dem „Enkel“ nur billig sein. Welche Bedeutung kann also heute noch die Antwort auf eine Anfrage der Internationalen Liga für Menschenrechte haben, die sich eine mögliche Beteiligung deutscher Firmen und deutschen Kapitals am Völkermord gegen die Kurden durch irakischen Giftgaseinsatz bezogen?

In ihrem Schreiben vom 13.März 1989 an den Bundeskanzler, versehen mit einer Liste bundesdeutscher Firmen, die mit der Vergasung der Kurden in einen Zusammenhang gebracht werden, verlangte die Liga nach „effektiven Exportkontrollen, die eine Beteiligung der Bundesrepublik Deutschland an Geschäften mit dem tödlichen Giftgas unmöglich machen“.

Immerhin, nach über vier Wochen meldete sich das Bonner Amt zu Wort: Die als besonders streng geltenden gesetzlichen Vorschriften und Richtlinien für den Export von Waffen und sonstigen Rüstungsgütern beruhten auf der „geschichtlichen Erfahrung und dem kritischen Bewußtsein der besonderen moralischen Verantwortung unseres Volkes für den Weltfrieden. Deutsche Wirtschaftsinteressen mußten und müssen daher bei der Genehmigung von Rüstungsexporten immer zurückstehen.“ Nur: Bei Entscheidungen über Genehmigungsanträge deutscher Firmen für solche Exporte „kann nicht unberücksichtigt bleiben, daß andere Länder, auch solche außerhalb der großen Bündnisse, ebenfalls Sicherheits- und Verteidigungsinteressen haben. Es wäre überheblich, gegenüber solchen Ländern eine Politik zu vertreten, die deren Sicherheitsinteressen nicht zur Kenntnis nimmt oder diese Länder für unreif hält, mit von uns eventuell gelieferten Waffen verantwortlich umzugehen.“

Und zum Schluß fehlte nicht der Hinweis, daß „Lieferungen in Länder, in denen eine Gefahr für den Ausbruch bewaffneter Auseinandersetzungen besteht, deshalb für eine Exportgenehmigung grundsätzlich ausscheiden.“ bg