Israel: „Aus Bagdad nichts Neues“

Namhafte Politiker weisen in ersten Reaktionen die irakischen Vorschläge zurück  ■ Aus Tel Aviv Amos Wollin

Erste Reaktionen aus Israel auf das irakische Rückzugsangebot aus Kuwait deuten darauf hin, daß Tel Aviv jedwede Kompromißlösung im Golfkrieg ablehnt. Unmittelbar nach der Erklärung von Radio Bagdad ging Minister Izchak Schamir mit seinem Kabinett in Klausur. Unterdessen sagte der ehemalige Verteidigungsminister Jizhak Rabin von der Arbeiterpartei in einem Radio-Interview, daß es nichts Neues an den irakischen Vorschlägen gebe, sie deuteten vielmehr auf eine Schwächung des Irak und seiner Armee hin. Sie wären der verzweifelte Versuch, so Rabin, die von den USA geführte Allianz in Verwirrung zu stürzen. Rabin unterstrich seine Hoffnung, daß es zu keinerlei Verhandlungen kommen werde und daß die USA den Krieg fortsetzten, bis sie die Bedingungen für einen Waffenstillstand diktieren könnten. Die USA hätten viel investiert und sollten nun die entsprechenden Resultate ernten.

Nach Ansicht des Militär-Experten von 'Ha'arez‘, Zeev Schiff, deute alles darauf hin, daß Saddam Hussein unter schwerem Druck sei. Gemäß militärischer Logik sei dies der Zeitpunkt, um die Kriegsoperationen gegen Saddam Hussein zu intensivieren und seinen Widerstand endgültig zu brechen. Der Krieg habe seinen Höhepunkt noch nicht erreicht.

Auch Eljahu Ben Eliassar, Vorsitzender des Knesset-Ausschusses für Außen- und Verteidigungspolitik, abweisend. In Husseins Abzugsbereitschaft sah er „eine Erosion des Selbstbewußtseins von Saddam“. Eliassar: „Mit Saddams Vorschlägen kämen wir auf die Ausgangspositionen im August '90 zurück, die der gesamte Westen ebenso wie Israel ablehnte. In Wirklichkeit zieht sich Saddam am Golf nicht zurück. Und es besteht keinerlei Verbindung zwischen der kuwaitischen und der palästinensischen Frage.“

Der Irak-Experte Amazia Baram von der Universität Haifa sagte, Saddam Hussein erhoffe sich von seiner Offerte eine Spaltung der anti-irakischen Koalition. Das Dilemma Husseins besteht darin, so Baram, entweder Kuwait im Krieg zu verlieren oder aber von seine eigenen Leuten umgebracht zu werden, sobald er die UN-Resolutionen zu Kuwait akzeptiert. Saddam Husseins Angebot eröffne allerdings die Möglichkeit für einen strategischen Rückzug. Es ist das erste Angebot dieser Art seit Kriegsbeginn.