Empörung über Bonner Schutz für Maikovskis

Düsseldorf (taz) — Mit Empörung haben die Überlebenden des Rigaer Ghettos darauf reagiert, daß die Bundesregierung Boleslav Maikovskis davor bewahrte, an die Sowjetunion ausgeliefert zu werden. Die New Yorker Gesellschaft bezog sich dabei auf einen taz-Bericht vom 4.2.91. Danach hat die Bundesregierung den in der Sowjetunion zum Tode verurteilten lettischen Kriegsverbrecher in voller Kenntnis um dessen Vergangenheit beschützt. Das hatte — wie berichtet — der ehemalige Anwalt von Maikovskis, Ivars Berzins, im derzeit in Münster stattfindenen Prozeß gegen Maikovskis behauptet. Nach der Aussage des Anwalts wußte der deutsche Generalkonsul alles, „denn wir haben die Karten offen auf den Tisch gelegt“. Maikovskis bekam also ein Visum, obgleich „das Justizministerium der Vereinigten Staaten den Aufenthalt von Maikovskis herausfinden wollte, um ihn gemäß einer amerikanischen Gerichtsentscheidung an die Sowjetunion auszuliefern“. So heißt es in einem Protestschreiben der „Survivors of the Riga Ghetto“ an Bundeskanzler Kohl und Außenminister Genscher. Dieses Vorgehen sei „ein Schlag in das Gesicht der Opfer des Rigaer Ghettos und des Holocaust“. Die Vorstellung, „daß er ein Visum aus humanitären Gründen bekommen haben soll, ist absolut abstoßend“. Von der Bundesregierung wird in dem Schreiben verlangt, den Generalkonsul abzusetzen. Eine indessen kaum hinreichende Forderung, denn Maikovskis' Anwalt hatte vor Gericht ausdrücklich erklärt, daß das Visum erst nach „Rücksprache“ mit der deutschen Regierung, die ein Wissen um die näheren Umstände immer abgestritten hatte, erteilt worden sei.

Der 87jährige Exil-Lette, den ein sowjetisches Gericht 1965 in Riga wegen schwerer Kriegsverbrechen in Abwesenheit zum Tode verurteilt hatte, lebte seit dem Kriegsende in den USA. Im Jahre 1976 begann auf Ersuchen der Sowjetunion ein Auslieferungsverfahren, das 1986 endgültig mit einer Deportationsanweisung durch das höchste amerikanische Gericht endete. Mit Hilfe des vom deutschen Generalkonsul in New York erteilten Visums setzte sich Maikovskis 1987 unerkannt in die BRD ab. Erst ein Jahr später kam sein Aufenthalt in Münster durch einen amerikanischen Zeitungsbericht ans Tageslicht. Wenig später wurde der Exil-Lette verhaftet und wegen der Ermordung eines Juden und der Beteiligung an der Ausrottung sämtlicher Bewohner des lettischen Dorfes Audrini im Januar 1942 angeklagt. JS