Israelisches Atomzentrum im Visier

■ Angeblich waren drei Scuds auf die israelische Atomwaffenschmiede gerichtet

Berlin (taz) — Drei der vier Scud-Raketen, die der Irak am Samstag gegen Israel abschoß, zielten auf die militärische Atomzentrale von Dimona in der Negev-Wüste. Das geht aus einem von Radio Bagdad verbreiteten Militärkommunique hervor. Experten in Tel Aviv behaupten allerdings, Dimona (60 Kilometer südöstlich der Stadt Beersheba) liege außerhalb der Reichweite der irakischen Scuds.

Der Schwerwasserreaktor von Dimona wurde schon Ende der fünfziger Jahre mit französischer Unterstützung errichtet und war wegen der vermuteten militärischen Nutzung in der Folgezeit Gegenstand diplomatischer Verwicklungen zwischen Frankreich, den USA und Israel. Der Reaktor basiert auf dem frühen französischen Forschungsreaktor EL-3 in Saclay und hatte ursprünglich vermutlich eine thermische Leistung von 24 Megawatt. Inzwischen scheint jedoch unumstritten, daß seine Leistung später mehrfach erweitert wurde. Verschiedene Quellen sprechen von 40, 70 oder gar 150 Megawatt.

Daß die Israelis in dem Reaktor Natururan in waffenfähiges Plutonium umwandeln, wird heute kaum mehr bestritten. Seit der Nukleartechniker Mordechai Vanunu, der zwölf Jahre lang in der Atomzentrale von Dimona gearbeitet hatte, 1986 Details über eine geheime unterirdische Plutonium-Aufarbeitungsanlage in Dimona ausplauderte, wird nicht mehr bezweifelt, daß Israel über die Bombe verfügt. In Dimona werden neben dem Reaktor und der Aufarbeitungsanlage auch eine kleine Brennelementefabrik, eine Anlage zur Hochanreicherung von Uran, eine sogenannte Uran-Konversionsanlage und eine Einrichtung zur Gewinnung von Lithium-6 vermutet. Aus Lithium-6 kann wiederum Tritium gewonnen werden, das die Produktion „fortgeschrittener“ Atombomben erlaubt.

Ein Scud-Treffer auf den Reaktor von Dimona könnte zu einer großflächigen radioaktiven Verseuchung führen, deren Ausmaß unter anderem von der tatsächlichen Leistung, der aktuellen Bestückung des Reaktors und den Wetterverhältnissen abhängt. gero