Alternativer Zusammenschluß auf sächsisch

In Sachsen beschloß die große Mehrheit der Bürgerbewegungen einen Zusammenschluß auch mit den Grünen  ■ Aus Dresden Klaus Wolschner

Am Wochenende haben die Bürgerbewegungen und Grünen in Sachsen einen sächsischen Sonderweg beschlossen: Sie wollen die Zersplitterung beenden, per Urabstimmung sollen die Mitglieder der einzelnen Gruppen und Grüppchen ihr Jawort für eine organisatorische Verschmelzung geben. Ob damit allerdings die Zeiten zu Ende geht, in der die Bürgerbewegungen sich hauptsächlich mit ihren innerorganisatorischen Debatten beschäftigt haben, blieb am Ende der Versammlung offen. „Das ist die Spaltung der Bürgerbewegungen“, kommentierte Thomas Roland (IFM Leipzig) die Entscheidung und deutete damit an, daß gewichtige Strömungen von Demokratie Jetzt und Initiative für Frieden und Menschenrechte einen anderen Weg als die sächsische Basis gehen wollen. In den festen Sitzreihen im Schumann-Hörsaal der TU Dresden hatten sich etwa 100 VertreterInnen von Neuem Forum, Grünen Sachsen, DJ und IFM versammelt, um in der Organisationsfrage endlich einen Schritt weiterzukommen. „So, wie wir jetzt leben, kann es nicht weitergehen“, hatte Werner Schulz (MdB, NF) die organisatorische Lage zusammengefaßt. Dem Zweckbündnis der Parlamentsfraktion müßten „Arme und Beine wachsen“. Seiner Auffassung nach ergänzen sich die Gruppen thematisch und von ihrer Präsenz vor Ort: „Keine Organisation ist mehr flächendeckend vertreten.“

Konsens bei den Versammelten war: Während Engagement und Mitgliederzahl in allen diesen Gruppierungen zurückgeht, leisten sie sich eine Zersplitterung der Kräfte, hier und da nach außen unverständliche Rivalitäten und eine Vervierfachung der organisatorischen Kosten für Büros. Die Bürgerbewegungen leben noch von den Resten der ca. 30 Millionen, die sie von der Modrow-Regierung als „Chancenausgleich“ erhalten haben. Der Schatzmeister der sächsischen Grünen, Frank Engel, rechnete trocken vor, daß die Gruppen gegen Ende 1992 pleite sein dürften. Jetzt schon gibt es Personalabbau in den Büros.

An der Basis haben an vielen Orten auch in Sachsen deshalb die existierenden Gruppen schon dieselbe Telefonnummer, auch die Ratsfraktionen arbeiten in aller Regel zusammen als gehörten alle einer Partei an. Außerhalb der Großstädte existieren von den vier Gruppierungen meist nur zwei mit „Basisgruppen“. Für eine erhebliche Anzahl der Mitglieder war es im Herbst 1989 reiner Zufall, daß die Aktiven der Wende sich in dem einen Ort Neues Forum nannten und in dem anderen andere IFM. Die DJ ist der kleinste der Partner, die in Anlehnung an die westdeutsche Öko-Partei als „Grüne Sachsen“ zusammengeschlossenen Bürgerbewegten stellen im Freistaat inzwischen hinter dem NF die zweitstärkste Kraft.

Vielleicht weil sie am stärksten in der kommunalen Arbeit engagiert sind, waren sich auf der Sachsen- Konferenz Grüne (37:0) und NF (38:9) weitgehend einig, daß sie organisatorisch zusammengehen wollen. Bei DJ gebe es bei fünf Jastimmen immerhin vier Enthaltungen, bei der IFM überwog das Nein mit fünf Stimmen gegen nur eine Jastimme. Die schließlich verabschiedete Resolution fordert auch die Bewegungen in den anderen neuen Ländern auf, Urabstimmungen über einen Zusammenschluß vorzubereiten.