Künstler ratlos vor hohen Mieten

■ In der Kreuzberger Lindenstraße will das Bezirksamt nun ortsübliche Mieten einnehmen/ Für Bildhauer und andere Künstler werden die Ateliers damit unbezahlbar/ Hilfe von Landwosky erhofft

Kreuzberg. Als Mietpreistreiber betätigt sich gegenwärtig das Bezirksamt Kreuzberg. Es verschickte ein Schreiben an alle Gewerbemieter, darunter auch an eine Reihe von Künstlern und Bildhauern, die bezirkseigene Ateliers in der Lindenstraße 39 gemietet hatten: Die Miete entspreche nicht mehr dem gegenwärtig ortsüblichem Mietzins, man schlage eine Erhöhung um mindestens dreißig Prozent vor. Für die Künstler in der Lindenstraße heißt das, künftig bis zu 1.300 Mark kalt für ein Atelier zahlen zu müssen. »Sollten Sie unseren Vorschlag nicht akzeptieren, betrachten Sie bitte das Mietverhältnis zum 31.12.90 als beendet«, schloß der Brief. »Eine Unverschämtheit«, sagt dazu Herbert Mondry vom Berufsverband bildender Künster. »Das heißt für die meisten Mieter, daß sie da rausfliegen.«

Der zuständige Stadtrat Wulf-Jürgen Peters (CDU) ist sich keiner Schuld bewußt. »Das ist doch noch zaghaft, was glauben Sie, was private Vermieter für solche Räume verlangen«, meint er. Die Miete in der Lindenstraße betrage nach der Erhöhung »nur« 4,50 Mark pro Quadratmeter, andere Gewerbemieter — insgesamt 500 — seien vom Bezirksamt viel kräftiger zur Kasse gebeten worden, ohne daß die sich beschwert hätten. Und er sei nach der Landeshaushaltsordnung dazu verpflichtet, ortsübliche Mieten zu nehmen.

»Das stimmt so nicht«, meint Dörtje Säum von der AL Kreuzberg. Die Landeshaushaltsordnung ermögliche sehr wohl, bei besonders »förderungswürdigem Gewerbe«, etwa Künstlern oder auch sozialen Projekten die Miete unter der ortsüblichen Preisgrenze zu halten. Das Grundstücksamt müsse sich nur trauen. In Ost-Berlin, beispielsweise am Prenzlauer Berg, werde diese Ausnahmeregelung bei Ateliers der städtischen Wohnungsbaugesellschaften schließlich auch praktiziert.

Gleicher Meinung ist Kultursenator Ulrich Roloff-Momin. »Unser Staatssekretär hat schon letztes Jahr das Grundstücksamt Keuzberg angeschrieben und dringend appelliert, die Mieterhöhung zurückzunehmen, aber die haben sich stur gestellt«, sagt dessen Sprecher Ulrich Zawatka, »und zwingen können wir das Bezirksamt nicht, denn sie verhalten sich ja nicht rechtswidrig«. Dabei sei doch gerade Kreuzberg ein Bezirk, der für sein kulturelles Leben bekannt ist, meint Zawatka.

Mondry vertraut derzeit etwas weniger auf die Kulturbehörde. »Wir haben uns an den CDU-Generalsekretär Landowsky gewandt, der hat versprochen, uns zu helfen«, sagt er. Zumindest könnte der mal ein Wort von Parteifreund zu Parteifreund und somit zu Stadtrat Peter finden. esch