Empors Crash-Kurs-Tips

■ Die Rostocker Handballer empfehlen vier Schritte, wie man ohne fremde Hilfe seinen Verein ruinieren kann PRESS-SCHLAG

Die unbedingte Voraussetzung für einen gelungenen Absturz ist eine intakte, erfolgreiche, wenn möglich berühmte Mannschaft. Das traf auf den SC Empor Rostock mit Sicherheit zu. Der Europa-Pokalsieger und Europameister von 1982 machte in den vergangenen Jahren immer wieder eine gute Figur auf dem europäischen Handballparkett. Er war siebenmal DDR-Meister und Abonnements- Pokalsieger. Zu Empor kamen viele Fans, EC-Spiele waren regelmäßig mit 7.000 Zuschauern ausverkauft. Merke also: Abstürzen in die Tiefe kann nur, wer oben steht!

Der erste Schritt ist dann die notwendige Suche nach einem Sponsor. Von ihm sollte man möglichst wenig wissen, vor allem nicht, wie spendabel er ist und wie zuverlässig. Diesen Menschen fand der SC Empor in Arndt Wolters, einem Stahlhändler aus Verden. Voller Glück, den ersten West-Finanzier für einen Ost-Verein gefunden zu haben, warfen sich die Rostocker ihrem Manager in die Arme, aus denen sie sich nie mehr befreien konnten. Wolters sicherte sich das Werbemonopol.

Der aktuelle Europacup-Gegner der Rostocker, die jugoslawische Mannschaft Borac Banja Luka, sicherte sich für die nächste Runde bereits zwei zusätzliche Sponsoren. Aus Deutschland. Rostock hat nur den stählernen Wolters, nicht einmal im Finale kämen andere dazu. Darum auf keinen Fall vergessen: sich dem Sponsor bedingunslos ausliefern. Vor allem, wenn er nichts mehr liefert!

Als zweiter Schritt muß dann natürlich das sportliche Desaster geplant und vorbereitet werden. Der SC Empor Rostock fand eine todsichere Variante: Er verkaufte eine halbe Weltauswahl. Frank Wahl und Matthias Hahn nach Hameln, Rüdiger Borchardt nach Minden, weitere sieben Spieler in alle westlichen Richtungen. Damit wurde die Nachwuchsarbeit von Jahrzehnten auf einen Schlag zunichte gemacht. Nicht nur von den Rostockern selbst, auch von Angeboten der Bundesliga-Vereine, mit denen an der Ostseeküste niemand konkurrieren konnte. Aber der Fall von Empor vermittelt die nachahmenswerte Erfahrung: Man darf nicht nur verkaufen, man darf auch nicht wissen, ob man dafür Geld bekommt!

Der dritte Schritt ist dann schon komplizierter. Der verbliebene Rest darf keine sportlichen Heldentaten vollbringen können. In Rostock werden die jungen Burschen deshalb konsequenterweise in ständiger Unruhe und Unsicherheit gehalten. Als sie nach der ersten Serie der Männer-Oberliga-Nordost auf den neunten Platz abstürzten, folgte eine mehrwöchige Denkpause. Diese Zeit wurde klugerweise nicht genutzt. Aber kaum hatte die Rückrunde begonnen, begann auch der Streit um den Trainer. Also wurde der ehemalige DDR-Nationalspieler Rainer Ganschow nach vier Jahrem Amtszeit gegen den ehemaligen DDR-Nationalspieler Helmut Wilk ausgetauscht.

Doch der Sponsor bockte weiter: Die 100.000-Mark-Bürgschaft für die erste Bundesliga wolle er eigentlich nicht bezahlen. Nach mehrmaligem Kotau aller Vereinsmitglieder hinterlegte Wolters dann doch die Summe, die er am Saisonende sowieso wieder zurückbekommt. Trotzdem der Tip aus Rostock: Je jünger und verunsicherter die Spieler, desto mehr Panik brauchen sie.

Diese drei Schritte dürften bereits ausreichen, um den Mißerfolg langfristig zu erhalten. Dennoch bietet sich ein vierter an. Nach der Hinspielniederlage im IHF-Cup gegen die Jugoslawen (18:22) spielte sich mit Christian Feldbinder wiederholt ein 19jähriges Talent in den Vordergrund. Er muß unbedingt an einen interessierten Bundesliga-Verein abgetreten werden. Und falls noch das eine oder andere Talent verscherbelt wird, kann der SC Empor Rostock dem endgültigen Absturz wenigstens mit finanzieller Sicherheit entgegen sehen. Das dürfte dann aber der letzte Schritt einer sportlichen Tragödie sein. bossi