Ein allmählicher Niedergang

■ Eng war das Verhältnis zwischen Bagdad und Moskau nur Anfang der siebziger Jahre/ Doch die UdSSR blieb auch später Iraks wichtigster Waffenlieferant

Die Hochphase der sowjetisch-irakischen Beziehungen liegt nun schon fast zwei Jahrzehnte zurück. Sie fiel in die Jahre 1972 bis 1974 und fand 1972 ihren Ausdruck in einem Freundschaftsvertrag mit der Sowjetunion, der anläßlich eines Besuchs des damaligen Ministerpräsidenten Kossygin unterzeichnet wurde. Im gleichen Jahr wurde der mit sowjetischer Hilfe erschlossene nördliche Teil des Rumeila-Ölfeldes eröffnet. In der Folgezeit galten beide Länder offiziell als „befreundete Staaten“, eine Freundschaft, die sich in Militärhilfe, der Unterstützung wirtschaftlicher Projekte und dem Ausbau des Hafens von Basra niederschlug. Später waren die Beziehungen nie wieder so eng wie Anfang der siebziger Jahre.

Diese Phase hatte im Irak eine bezeichnende innenpolitische Komponente. Nach der Verstaatlichung der irakischen Erdölgesellschaft rief die Baath-Partei eine „Nationale Patriotische Front“ ins Leben, um im Innern in einer Zeit des wirtschaftlichen Aufschwungs freie Hand zu haben.

Seit 1971 saßen Kommunisten mit in der Regierung, auch wenn die Partei erst 1973 einen entsprechenden offiziellen Beschluß faßte. Die angestrebte Beteiligung der Demokratischen Partei Kurdistans ließ sich letztendlich nicht realisieren. Ein langes Leben war der Front nicht beschieden, und ihr Niedergang vollzog sich parallel zur Abkühlung des Verhältnisses zur UdSSR.

Dabei spielten auch handfeste wirtschaftliche Interessen mit. Wenn der Irak auch nach wie vor in der Region dem sowjetischen Lager zugerechnet werden konnte, so sackten die Handelsbeziehungen nach 1974 (13 Prozent des Außenhandels) im folgenden Jahr bereits auf 7 Prozent ab und lagen 1981, ein Jahr nach dem Einmarsch in den Iran, noch bei ganzen 2,6 Prozent. Die Kombination aus gestiegenen Öleinnahmen und die vorläufige Beilegungen des Krieges in Kurdistan mit dem Abkommen von Algier im Jahre 1975 eröffneten dem Regime international neue Möglichkeiten, für seine ehrgeizigen Entwicklungsprojekte überlegene westliche Technologie einzukaufen.

Dies schlug sich auch auf dem Sektor des Waffenhandels nieder. Das erste größere Waffengeschäft mit einem westlichen Land wurde 1976 mit Frankreich abgewickelt. Zwischen sechzig und achzig Kampfflugzeuge vom Typ Mirage F-1 wurden geliefert — bekanntlich nur ein Anfang. Dennoch blieb die Sowjetunion auch künftig der wichtigste Waffenlieferant. Die Beziehungen zu Moskau verschlechterten sich im Jahre 1978 rapide, als der Irak Somalia und die eriträische Befreiungsbewegung gegen Äthiopien unterstützte. In dieses Jahr fiel auch der endgültige Bruch der Baath- Partei mit den Kommunisten.

Im irakisch-iranischen Krieg nahm die UdSSR eine neutrale Position ein. 1981 gab der Irak offiziell bekannt, daß die Sowjetunion ihre Waffenlieferungen eingestellt habe. Nach der iranischen Offensive gegen den Irak wurden sie allerdings wieder aufgenommen. Die irakische Invasion in Kuwait wurde von Moskau umgehend verurteilt, wobei eine arabische Lösung des Konflikts favorisiert wurde. Allerdings bemühte sich die sowjetische Führung auch, den Dialog mit Bagdad nicht abbrechen zu lassen. Die Früchte dieser Politik kann Moskau jetzt ernten. Beate Seel