Innenminister Braun „under fire“

Magdeburg (taz) — Sachsen-Anhalts Innenminister Wolfgang Braun (CDU) steht weiter unter Beschuß. In seiner neuesten Ausgabe wiederholte der 'Spiegel‘ seine Vorwürfe, Braun sei inoffizieller Spitzel der Kripo und des Staatssicherheitsdienstes gewesen.

Unter anderem veröffentlichte das Nachrichtenmagazin eine Karteikarte, auf der Braun als Informant des Kommissariats I der Magdeburger Kripo geführt wird. Kurz nach der Wende wurde Braun (Deckname Becker) am 22.12.89 „schlafengelegt“, also als informeller Mitarbeiter gelöscht.

Braun selbst ließ am Montag die Vorwürfe erneut zurückweisen. Er traute sich allerdings nicht selbst vor die wartende Journaille. Auch eine ursprünglich für Montag nachmittag angesetzte Pressekonferenz zu einem ganz anderen Thema ließ Braun platzen. Stattdessen schickte er seinen Referenten an die Pressefront und ließ ihn eine spröde und nichtssagende Erklärung verlesen, in der er die Vorwürfe des 'Spiegel‘ als „infame Kampagne“ zurückwies. Inzwischen scheint die Opposition durch Rufe aus dem Blätterwald zumindest teilweise aufgewacht zu sein. Die SPD-Fraktion im Landtag von Sachsen-Anhalt, die sich in der vergangenen Woche zu den Vorwürfen noch nicht konkret äußern wollte, hat mittlerweile ihre Hausaufgaben nachgeholt.

Die größte Oppositionsfraktion beschloß, daß sich noch in dieser Woche der Innenausschuß des Landtags in einer Sondersitzung mit den Vorwürfen gegen Braun beschäftigen soll. Und die beziehen sich nicht nur auf eine mögliche Spitzeltätigkeit, sondern auch auf Brauns äußerst undurchsichtige Personalpolitik. Zum Beispiel die Ernennung eines dubiosen Frankfurter Privatdetektivs zum ersten Beamten des Landes. Ganz ohne Beamtenrecht, das für das neue Bundesland noch gar nicht verabschiedet wurde. bl