Der größte Peter aller Zeiten

■ Wenn die Kulturtouristen kommen, rollt der Rubel: „Peter der Große“ im Überseemuseum / Ein Vorbericht

Ab 1.Juni reist Peter der Große durch das Bremer überseemuseum, ein museales Großereignis, das „Das Gold des Kreml“ noch in den Schatten stellen soll. Schon seit Dezember 1990 wird die Werbetrommel gerührt. 2600 Reisebüros im ganzen Bundesgebiet wurden mit Karten bestückt. Gut 2.000 davon sind bereits verkauft. 306.000 BesucherInnen hat das Kreml-Gold gelockt. Diese Zahl gilt es zu übertreffen. Auf der Internationalen Tourismusbörse soll das Bremer Projekt Kulturtouristen aus aller Welt an die Weser locken.

Elisabeth Kuster-Wendenburg, kommissarische Direktorin des Überseemuseums, ist Peters Schätzen schon lange auf der Fährte. Am 15. Mai werden sie nun, sorgsam verpackt, in Bremen eintreffen. „Diese Ausstellung wird ganz anders als das Kreml-Gold“, versichert sie. „Wir machen keine Vitrinen- Ausstellung“, betont auch Projektleiter Jochen Stührmann. Zu sieben Schwerpunkten sollen Exponate inszeniert werden, darunter die Kinderrüstung des kleinen Peter.

Wegen der Kritik am aufgesetzten Charakter der ersten Großausstellung werden die Schätze Peter des Großen mit einer Begleitausstellung präsentiert, Titel: „Peter der Große in Westeuropa“. Der Reiseweg des neuerungswilligen Zaren wird von der Ankunft der großen Gesandtschaft 1697 in Königsberg bis zur Rückkehr nach Moskau

Von links: Frauke Krahé, Kunsthistorikerin; Elisabeth Kuster-Wendenburg; Jochen Stührmann und der Werkstatt-Chef Klaus Ameling. Ganz rechts der unbekannte Erbauer des siebentorigen ThebenFoto: Tristan Vankann

1698 nachgezeichnet. Dafür wurde bereits die Fläche im Erdgeschoß leergeräumt. Handwerker beginnen mit der Installation der hardware, die vorerst noch aus weißen Trennwänden besteht.

„Wenn man durch das Foyer hereinkommt, präsentiert sich zuerst eine Außenansicht der Kreml-Mauern“, entwirft Stührmann mit großzügigen Gesten. „Dann geht man durch eine nachgebaute Bauernhütte und kommt auf den Palast Peters zu.“ Die Begleitausstellung wird von der

hierhin bitte

die fünf Leute

auf der

Innenbaustelle

Kunsthistorikerin Frauke Krahe und dem Historiker Wolfgang Griep erarbeitet. Sie wollen zeigen, wie das Europa aussah, auf das der Zar traf. Eine Amsterdamer Schiffswerft und der Wiener Hofstaat werden en miniature erstehen. Aus allen Reisestationen Peters wurden Exponate beschafft.

Griep stieß bei seinen Recherchen auf spannende Quellen. „Eine kleine Sensation“ könnte das Original-Gesandtschaftstagebuch der Reise werden, vermutlich von Peter selbst redigiert und

erst einmal im 19. Jahrhundert in russischer Sprache veröffentlicht. Aufgestöbert hat Griep das in altrussisch verfaßte Exemplar in der Kieler Osteuropasammlung. Die Übersetzung ist in Arbeit. Für die Herausgabe wird noch ein Sponsor gesucht.

Überhaupt das Geld! 5,9 Millionen Mark sind für das Peter- Spektakel angesetzt. „Die Finanzierung steht“, sagt Kuster-Wendenburg. Eine Million will der Bremer SPD-Bundestagsabgeordnete Ernst Waltemathe in Bonn lockermachen. „Die Million haben wir noch lange nicht im Sack“, sagt dagegen Jochen Stührmann. „Der Haushaltsausschuß des Landes Bremen hat zur Kenntnis genommen, daß das Projekt mit 5,9 Millionen angesetzt ist, wünscht aber eine kostenneutrale Lösung.“ Im Klartext: Das Land schießt die Kosten vor, das Museum bemüht sich um Rückzahlung. Geht die Rechnung (wie beim Kreml-Gold) nicht auf, wird in den Steuersäckel gegriffen. Stührmann sieht das so: „Das Projekt ist mit 5,9 Millionen verschuldet.“ Durch Verkauf von Eintrittskarten und Geldspritzen aus Bonn soll ein Teil hereinkommen, der andere durch Sponsoren. „Einige haben bereits zugesagt, andere Entscheidungen stehen noch aus.“

Die Bindung so großer Mittel für eine einmalige Spitzenschau ist für Stührmann auch angesichts der angespannten Bremer Haushaltslage „eine wirtschaftliche Entscheidung.“ Bremen müsse durch kulturelle Großereignisse im Wettkampf mit anderen Städten bestehen. Schon die Kreml- Ausstellung habe meßbare Erfolge für die Wirtschaft gezeitigt. Auch für die verarmte Bremer Kulturszene sollen einige Brosamen abfallen: „Ein Großprojekt erzeugt immer eine kulturelle Sogwirkung“, versichert Stührmann. Für Begleitveranstaltungen zu Peters Schätzen laufen schon Gespräche mit Schlachthof, Dacapo, Kommunalkino und anderen. Annemarie Struß-v.Poellnitz