Ratten nagen an der Machtzentrale

■ Nagetiere machen jetzt auch Regierungssitz unsicher

Schöneberg. Während alle Welt von den Ratten auf dem Kreuzberger Blücherplatz spricht, haben die Nagetiere schon längst die Schaltstellen der Macht erobert: Das Rathaus Schöneberg und die Residenz der Justizsenatorin Limbach im gegenüberliegenden Nordsternhaus.

Im Justizsenat regieren die Ratten in den Amtszimmern hinter den Holzvertäfelungen und im stillgelegten Rohrpostsystem mit. Dem Senatsrat Wolfram Rüster waren die komischen, nagenden Geräusche schon lange bei der Nachtarbeit aufgefallen. Der arme Rüster wurde von seiner Chefin und seinen Kollegen jedoch als Spinner abgetan. Eines Abends jedoch, als der hagere Rüster mit schreckensbleichem Gesicht und Silberblick bei seinem Mitarbeiter, dem Oberstaatsanwalt Rülper, ins Zimmer taumelte und etwas von einer leibhaftigen Ratte in seinem Zimmer faselte, nahm der Oberstaatsanwalt endlich die Ermittlungen auf. Und siehe da: In Rüsters Papierkorb hockte tatsächlich eine Ratte, die genüßlich am Apfelkrips des Senatsrats nagte. Der Oberstaatsanwalt schnappte sich eine Akte, preßte sie über den Rand des Papierkorbs und schleppte diesen samt heftig rebellierenden Inhalt auf die Straße. Kaum war die Akte gelüftet, jagte die Ratte quer über die Fahrbahn in Richtung Rathaus davon.

Die Nachtpförtner des Nordsternhauses, die von ihrem Glaskasten im Foyer einen Top-Überblick über das Areal haben, regierten auf die Entdeckung der Ratte nur mit einem müden Achselzucken: »Nachts wechseln doch ständig lange dicke Ratten vom Rathaus Schöneberg zu uns rüber«, berichtete einer der Wächter der taz. Im Rathaus, wo die Holzvertäfelungen noch viel gediegener sind, halten sich die Ratten jedoch noch bedeckt. »Ich habe noch nichts gehört«, versicherte die Sekretärin der Abgeordnetenhaus-Präsidentin Laurien, Stephan, leicht erschreckt. Auch ihre Kollegin aus dem Vorzimmer des Chefs der Senatskanzlei Kähne, Frank, hat »Gott lob« noch keins der Nagetiere gesichtet. Desgleichen versicherte Diepgens rechte Hand, Frau Fischer. Sie habe in dem Allerheiligsten »noch keine Ratte gesehen«. Auch der Ex-Regierende Momper schwor, in seinem Amtszimmer sei »selbst um zwei Uhr nachts nie ein solches Lebewesen« aufgetaucht. Andernfalls, so Momper voll Inbrunst, »hätte ich sie sofort mit einem Telefonbuch totgeschlagen«. plu