Stasi-Telefone umgeklemmt

■ Post will Sondertelefonnetze aus DDR-Zeiten offenlegen und neu nutzen

Bonn. Das Sondertelefonnnetz der früheren DDR-Staatssicherheit ist knapp sechs Monate nach der deutschen Einheit aufgelöst. Die besonders geschützten Endanschlüsse der Stasi seien mittlerweile alle abgeklemmt, teilte Staatssekretär im Bundesministerium für Post und Telekommunikation Görts in Bonn mit. Teilweise werde dieses Telefonnetz jetzt durch die Treuhandanstalt oder — im Großraum Berlin — durch das Bundesinnenministerium genutzt. Insgesamt habe die Post in der ehemaligen DDR dreiundzwanzig nichtöffentliche Fernmeldenetze mit mehreren hunderttausend Anschlüssen entdeckt, die unter anderem von NVA, Industrie und Reichsbahn genutzt wurden.

Wegen der Versorgungsengpässe im Telefonverkehr der neuen Länder sollen diese Netze für eine Übergangszeit von mehreren Jahren von ihren bisherigen Betreibern oder deren Rechtsnachfolgern weitergeführt und noch nicht von Privatpersonen genutzt werden.

So soll beispielsweise die chemische Industrie der früheren DDR ihr Sondernetz „für eine begrenzte Übergangszeit“ weiter betreiben können. Dies sei für die wirtschaftliche Weiterentwicklung dieses Industriezweiges die wichtigste Voraussetzung, sagte Görts, auch wenn dies einheitlichen ordnungspolitischen Rahmenvorstellungen widerspreche. Nach und nach sollten die bisher nichtöffentlichen Telefonnnummern allgemein bekannt gemacht werden. Kurzfristige Übernahmen der Netze durch die Deutsche Bundespost Telekom seien nicht möglich. Insgesamt seien in den Sondernetzen in den fünf Bereichen Militär, Innere Verwaltung, Verkehr, Energie und Chemie „mehrere hunderttausend“ Anschlüsse vorhanden, gegenüber rund 1,5 Millionen Anschlüssen im öffentlichen Telefonnetz. Genaue Zahlen konnte der Staatssekretär nicht nennen.

Görts wollte auch nicht ausschließen, daß noch weitere Sondernetze entdeckt werden. Teilweise werden freie Kapazitäten des Netzes der ehemaligen Nationalen Volksarmee von der Treuhandanstalt genutzt; Länderregierungen, Landratsämter, Städte und Gemeinden profitieren vom früheren Regierungsnetz. Auch in den westlichen Ländern gibt es Sondernetze, unter anderem für Polizei, Bundeswehr, alliierte Streitkräfte und Elektrizitätswerke. afp