Ein Sack edler Spezereien

■ 11. Meisterkonzert in der Gocke: „I Musici di Roma“ mit Mozart und Bach

Alle Jahre wieder kommen I Musici. In ihrem großen Sack bringen sie uns die edlen Spezereien der Musik des 18. Jahrhunderts: Bach, Händel und viel Vivaldi. Was man halt so kennt und auch immer wieder gerne hört. Dieses Jahr dabei: der Jubiläumstote, vertreten mit einem jugendlichen Divertimento und der Kleinen Nachtmusik. Dazu zwei Bäche, ein Solokonzert für Cembalo und eines für drei Violinen.

Das Auffälligste ist vielleicht die Tonkultur von I Musici. Da gibt es keine Geräusche, keinen aggressiven Abstrich. Jeder Ton wird sanft und milde angesetzt, alles ist edel und gediegen. Negativ gesehen: Es klingt ständig wie durch eine Nebelwand. Am problematischsten erschien mir dieser Kult des Schönklangs am Anfang des langsamen Satzes von Bachs Cembalokonzert BWV 1052. Das von allen Instrumenten unisono vorgetragene Thema ist eigentlich keine Melodie, sondern eine argumentierende Rede. Wird sie unartikuliert und mit dem Schmelz einer romantischen Kantilene vorgetragen, so erscheint sie als eine ziemlich unbegreifbare Aneinanderreihung von Tönen.

Irritierend ist auch die Intonation. Von den gar nicht einmal so seltenen Fehlern abgesehen, erschwert ein extremes Dauervibrato das Verständnis. Dissonanzen und Konsonanzen, deren Spannungsverhältnis für die Musik des 18. Jahrhunderts so entscheidend ist, erklingen so beide ununterscheidbar mit dem selben Grad von Eierigkeit.

Das Cembalo ist selten zu hören. I Musici verwenden nämlich immer noch eines jener schweren „Konzertcembali“, deren Bauweise sich mehr am Flügel als an den historischen Vorlagen orientiert. Der Klang der großen Kiste ist dann ziemlich dünn und zirpig. Wenn das Cembalo die Generalbaßakkorde spielt, so erinnert sein Stimmchen an das Kling- Klang eines anderen Requisits der fünfziger Jahre: des Eierschneiders. In den Solopartien des Bach- Konzertes mußten sich die begleitenden Streicher fast bis zur Unhörbarkeit zurückhalten, um das Cembalo noch durchzulassen. In einem sonderbaren Widerspruch dazu stand dann die Hochspannung des Solos, das sich in Orgelpunkten und verminderten Septakkorden festbeißt.

Den Geigern war die Erleichterung anzumerken, als sie bei Mozarts Nachtmusik dann endlich zu ihrer gewohnten Lautstärke zurückkehren durften. Die kulinarische Seite des Musikhörens, die für I Musici und ihr Publikum so offensichtlich im Mittelpunkt steht, erscheint mir als ziemlich unentwickelt: Zuckerwasser statt Bordeaux. Axel Weidenfeld