„Mehr als eine politische Eselei“

Bayerns Beschluß der PDS-Überwachung durch den Verfassungsschutz stößt auf Kritik  ■ Von Wolfgang Gast

Berlin (taz) — Die Entscheidung der bayerischen Staatsregierung, die PDS als verfassungsfeindliche Partei im Freistaat durch den Verfassungsschutz beobachten zu lassen, bleibt weiter umstritten. Bei einem Treffen mit der „Bundesfachkommission Verfassungsschutz“ der Gewerkschaft ÖTV bezeichnete der saarländische Innenminister Friedel Läpple (SPD) den bayerischen Alleingang gestern als „übereifrig und politisch unklug“. Läpple erklärte, er wolle die Partei des Demokratischen Sozialismus „politisch bekämpfen und nicht das kleine Häuflein von PDS- Mitgliedern in den Westländern Deutschlands auch noch politisch aufwerten“.

Der saarländische Innenminister und turnusgemäße Vorsitzende der Innenministerkonferenz (IMK) betonte weiter, daß die Frage einer PDS-Überwachung bei der IMK-Sitzung im Dezember in Dresden kontrovers diskutiert worden sei. So hätten sich auch die Vertreter der Ostländer ebenfalls skeptisch geäußert, ob eine Bespitzelung der Gysi-Partei ein angemessenes Mittel der Auseinandersetzung sein könne. Stoibers Haltung sei umso unverständlicher, als gerade die bayerische Staatsregierung nach dem Umsturz in der DDR zahllose SED-Wendehälse auf geradezu peinliche Weise „gehätschelt und hofiert“ habe.

Am vergangenen Donnerstag hatte der Münchner Innenminister Edmund Stoiber aus dem Süden der Republik getönt, ab sofort werde der PDS-Landesverband durch den Verfassungsschutz im Freistaat „mit den im bayerischen Verfassungsschutzgesetz hierfür zugelassenen Mitteln“ beobachtet. Konkret bedeutet dies den Einsatz von Wanzen, von V-Leuten und abgehörte Telefone.

Der Alleingang der CSU war bereits Ende letzten Jahres abzusehen. Bei der Innenministerkonferenz in Dresden am 15.Dezember hatte Stoiber lauthals erklärt, daß die PDS für die Münchner Staatsregierung nicht auf dem Boden des Grundgesetzes stehe. Der CSU-Mann hatte von seinen Ministerkollegen gefordert, die PDS „verfassungsschutzrechtlich“ beobachten zu lassen. Für den Fall, daß sich unter den Ministern keine Einigung erzielen lasse, hatte Stoiber schon damals ein Vorpreschen Bayerns angekündigt. Bei der Innenministerkonferenz wurde aber „heiß und sehr kontrovers“ diskutiert, berichtete einer der Teilnehmer. Die Mehrheit hätte Stoibers Idee als „wenig förderlich“ abgelehnt.

Unter der Hand wird der bayerische Alleingang bei einigen seiner Ministerkollegen als „typischer Aktionismus Stoibers“ gewertet. Das Wort von der „politischen Eselei“, das der FDP-Mann Burkhard Hirsch direkt im Anschluß an Stoibers Verkündigung prägte, „sei fast noch zu tief gegriffen“.

Eine Verfassungsfeindlichkeit hatte Stoiber damit begründet, daß die PDS sich auch weiterhin auf den Kommunismus „einschließlich Lenin“ berufe, der Parteivorstand eine starke kommunistische Plattform in der Partei dulde und die Mitglieder weitgehend mit denen der alten SED identisch seien. Und: „Solange solche Gauleiter wie Herr Modrow als Ehrenvorsitzende in der Partei sind, sind Schutzbehauptungen, die Partei habe sich vom Gedankengut der SED getrennt, völlig unglaubwürdig.“ Im gleichen Atemzug beteuerte der Bayer: „Ich würde es begrüßen, wenn die PDS den Weg zu einer verfassungskonformen demokratischen Partei finden würde.“ Wie Stoiber sich diesen Weg vorstellt, schilderte er am Beispiel der „Republikaner“: „Ich bin z.B. heute sehr froh darüber, daß bei den ,Republikanern‘ der Ausschluß von Rechtsextremisten eine Folge unserer harten Haltung gegenüber dieser Partei ist.“ Was Extremistenverfolger Stoiber dabei zu erwähnen vergaß, ist, daß die CSU seit den Europawahlen eine Überwachung der Schönhuber-Partei entschieden ablehnen. Zwar hatten die Christsozialen zuvor gefordert, die „Republikaner“ als Verfassungsfeinde einzustufen. Das überraschend starke Abschneiden der rechten Ultras (ca. 14 Prozent) und der daraus folgende mögliche Zwang zu lokalen Bündnissen mit den REPs hatte dann zu einem Meinungsumschwung in der CSU geführt.