Easter Island

■ Egowirren

Anfang '87 gründen sich Easter Island, verwirren sich zunächst in der New Yorker Szene feat. legendary CBGB's, verlieren sich im Untergrund, um im Herbst plötzlich in Berlin aufzutauchen; erobern West- Deutschland, annektieren Holland, wie sie etwas martialisch in ihrem Info schreiben, rekrutieren ein paar Geigen, subvertieren die U-Bahnen von England und Berlin, spielen in Wohnungen und Gefängnissen (Moabit), nehmen in Dortmund eine Platte auf, trauen sich auch nach Ost-Berlin, landen schließlich zur LIVE-Session bei den Genossen von dt-64 und waren zuletzt am Valentinstag in den Berliner S-Bahnen unter dem Motto »Fuck, don't shoot« mit LIVE-Musik und Volks-(endlich mal ohne 'x') Küche unterwegs.

Während die USA das Ausbleiben oder den Aufschub der Bodenoffensive als Coitus Interruptus zu bedauern scheinen, verschlägt es Easter Island im »Kampf« um Wunsch, Verbindung und Untergrund an die Orte der Vermischungen — U-Bahnen, Straßen, »Hinterhofs« — an die Orte des Ausschlusses — Gefängnisse — und natürlich in diverse Clubs. »We want to radicalize Folk Music« sagen sie, doch ist das so formulierte Selbstverständnis eher eine Frage des Ortes als der Musik. Denn die erinnert vor allem an die frühen Jefferson Airplane- Tage. Auf dem zurückgenommenen Boden schnell vorbeieilender Traumlandschaften aus Akustikgitarre, Bass und folkspeedigen Tempodrums gleiten oder erheben sich zwei Stimmen in Duett, Wechselgesang oder Solo so schön wie die von Grace Slick und Paul Kantner 20 years ago today.

So kehrt man hier wie andernorts zurück zu den späten Sechzigern, zu klassischen Folkmustern. Und in eher traditionellen Texten weicht der Appellcharakter ihrer politisch gefertigten Bedeutungen dem musikalisch- materiellen Muster einfacher, oft naiver Geschichten.

In mehreren Überschlägen lyrikbewußter Moderne hört man viel von letzten Zügen, kommenden Königreichen und — dafür sollten sie eigentlich gegeißelt werden, wenn sie nicht so nett wären — ein »If you feed my ego, I feed yours too«. Detlef Kuhlbrodt

Um 22 Uhr im Haus der jungen Talente