Nach den Protesten

■ Metalltarifverhandlungen in Bewegung/ Schiffsaufträge unrentabel

Magdeburg/Schwerin. In die Tarifverhandlungen für die Metallindustrie Sachsen-Anhalts ist am Mittwoch Bewegung gekommen. Wie der Verhandlungsführer der IG Metall, Hartmut Meine, am Abend sagte, habe eine Demonstration von 2.500 Metallern vor der Tagungsstätte dazu beigetragen, daß die Arbeitgeber nun in der 4.Runde ein Angebot auf den Tisch legten. Im Gespräch sei jetzt ein dreijähriger Stufenplan, an dessen Ende die vollständige Angleichung an die Westtarife stehe. Strittig sei jedoch die entscheidende Frage, mit welchen Lohn- und Gehaltsbeträgen der Stufenplan im April dieses Jahres beginnen solle.

„Herr Gomolka, kommen Sie endlich in die Puschen, sonst rücken wir Ihnen auf die Bude!“ Mit diesem „Ratschlag“ endete am Mittwoch auf Schwerins traditionsreichem Alten Garten die Protestkundgebung des DGB, an der sich Tausende beteiligten. Johannes Kwaschik (SPD), Oberbürgermeister der Landeshauptstadt, sagte den gewerkschaftlichen Forderungen nach Wirtschaftskonzepten für Mecklenburg- Vorpommern seine uneingeschränkte Unterstützung zu. Wenn das nördlichste der neuen Bundesländer eine Zukunft haben soll, dann muß der Kurs der Abwicklung zu Ende sein, meinte das Stadtoberhaupt zu den in eisiger Kälte Versammelten.

Dr. Jürgen Krackow, der den Schiffbaukonzern Deutsche Maschinen- und Schiffbau AG (DMS) seit Jahresbeginn als Vorstandssprecher leitet, muß demnächst zu entscheiden haben, ob 20 Schiffe, die zu Billigstpreisen bei Werften in Rostock und Wismar bestellt waren, überhaupt noch zu bauen sind. Andererseits sind Krackows Werft-Geschäftsführer im In- und Ausland auf der Suche nach neuen, preisgünstigeren Aufträgen, um die gefährdeten Schiffbaukapazitäten künftig auszulasten. Daß die angekündigten Verhandlungen über Preiserhöhungen mit den betreffenden Reedern der 20 Schiffe erfolgreich sein könnten, bezweifelt Krackow: „Wenn wir mit den Erlösen wenigstens die Materialkosten und die Löhne decken wollten, müßten wir von den künftigen Schiffseignern für jeden Frachter zusätzliche zehn bis 18 Millionen Mark verlangen.“

Die teilweise noch im vergangenen Herbst ausgehandelten Dumpingpreise sind so niedrig, daß man inzwischen befürchtet, die Schiffe würden gar nicht benötigt. Zumindest könnten die neuen Besitzer die Billigschiffe auf Anhieb gewinnbringend beispielsweise auf dem chinesischen Markt wieder verkaufen, meinte der ehemalige Westmanager. Wenn man auf die bislang noch nicht gebauten Frachter verzichtet, sinken zwar die Umsätze um ein Fünftel, aber die auf 1,8 Milliarden Mark geschätzten Verluste allein im Schiffsneubau würden auf 65 Prozent reduziert werden.

„Die Zeiten sind vorbei, als man — einmal in Not geraten — zu Herrn Mittag nach Berlin fuhr und sich ein paar Millionen abnicken ließ“, sagte Krackow. Fast jeder zweite der 47.000 Arbeitnehmer wird gehen müssen. adn