Willkür und jahrelange Isolation im Strafvollzug

■ Betr.: „Recht kriegen im Knast ist schwierig und vergeblich“, taz vom 12.02.91

Als Insasse einer bundesdeutschen Justizanstalt ist man vollkommen der Willkür der jeweiligen Anstaltsleitung und der mit den Gefangenen angeblich zusammenarbeitenden Abteilungsleiter(innen) ausgeliefert, von den Strafvollstreckungskammern mal ganz zu schweigen! Gefangene sind nicht nur juristisch schlecht belehrt — wie aus Ihrem Artikel hervorgeht, Tatsache ist — daß alle für den Gefangenen hilfreiche Gesetzeskommentare und diverse rechtliche Literatur per „Sicherheit und Ordnung“ dem Gefangenen vorenthalten werden.

Desweiteren erhält der Gefangene nur äußerst selten einen schriftlichen Ablehnungsbescheid — oder wird ihm überhaupt erlaubt, sich eine Abschrift zu machen. Soll diese Art der Entmündigung, von der nichts in meinem Urteil stand, die so gepriesene Resozialisierung, sprich Entlassungshilfe, sein?

Ich spreche aus mittlerweile zehnjähriger Vollzugserfahrung.

Wie sieht es mit den UKP.s, den Urinkontrollprogrammen aus? Wer nicht an den UKP.s unter Sichtkontrolle teilnehmen kann oder will, wird automatisch von allen Vollzugslockerungen gesperrt. In meinem Fall sind das weitere dreieinhalb sinnlose Jahre mehr!

Die jahrelange Isolation von der Gesellschaft hilft keinem Gefangenen sich nach seiner Entlassung anzupassen. Zur Hilflosigkeit erzogen, führt das in vielen Fällen zum schnellen Rückfall — in manchen Fällen steigt auch die Bereitschaft zur Gewalt — was doch sehr deutlich zeigt, daß der Vollzug auf ganzer Linie versagt!!

Ist der Gesellschaft damit gedient?

Mit freundlichen Grüßen,

Thomas Goetsch 4478 Geeste 4 JVA Lingen 1/Abt. Groß Hesepe Kirscherstraße 50

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