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Mühlfenzl über alles!

Die Stimmung im Fernsehen und Hörfunk ist explosiv. Die Dienstanweisung 01, auch Maulkorberlaß genannt, reichte dem Rundfunkbeauftragten Rudolf Mühlfenzl nicht. Die amtierenden Intendanten Albrecht (DFF) und Singelnstein (Hörfunk) mundtot zu machen, ihnen zu untersagen, sich öffentlich zu äußern, war nur der Anfang. Neuerdings sind auch die Mitglieder seines Beraterstabs aktiv geworden: Sie versenden detallierte Anweisungen und Befehle, wie am 12.Februar Dr. Gebel, zuständig für Programm im Stab Mühlfenzl. Er beruft sich dabei auf Dienstanweisung 03, in der es heißt: „Allein vertretungsberechtiges Organ der Einrichung ist der Rundfunkbeauftragte. Er wird in den nachfolgenden Bereichen durch die genannten Personen vertreten, die sich auch gegenseitig vertreten.“ So mit quasi unbegrenzter Autorität versehen, weist Dr. Gebel die Intendanten an, ihn „in folgenden Angelegenheiten rechtzeitig und unaufgefordert zu unterrichten sowie sich mit mir in der Sache abzustimmen bei (...) Personalentscheidungen über leitende Programm-Mitarbeiter und programmprägende Redakteure“. Es folgen noch weitere vier ähnlich eingreifende Punkte. Der Artikel 36 des Einigungsvertrages aber schreibt als Organe der Einrichtung den Rundfunkbeauftragten und den Rundfunkbeirat vor. Vom Beraterstab ist keine Rede. Zweifellos braucht Mühlfenzl seine hochkarätigen Mitarbeiter aus Wessiland bei der äußerst komplizierten „Überführung oder Auflösung der Einrichtung“ (Artikel 36) in föderale Strukturen. Wenn Mühlfenzl aber dazu übergeht, sie in totaler Negierung und Entmachtung der amtierenden Intendanten Albrecht und Singelnstein je nach Bedarf zu seinen Stellvertretern zu machen, wird die Sache kritisch und die Programm- Macher in Adlershof und der Nalepastraße zu Hampelmännern. Denn abgesehen von empörtem Gemurre in Redaktionsstuben und Kantinen scheinen alle das hinzunehmen. Nur einer wehrte sich zweimal öffentlich gegen dieses Mundtotmachen: Jörg Hildebrandt, stellvertretender Intendant des Hörfunks. Nach dem ersten Mal wurde er von Mühlfenzl „abgemahnt“, nach dem zweiten Mal steht seine Kündigung auf Messers Schneide. Sein Vergehen: Er nahm sich sein gutes Recht, eine Stellungnahme zum gegenwärtigen Stand der Neuordnung des Rundfunkwesens in der ehemaligen DDR zu formulieren.K. Gehrig

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