Schirrmacher & Scharfmacher

■ Aus dem Redaktionsalltag der 'FAZ‘

Wie jeden Morgen wedelt Frank Schirrmacher auf dem Weg zur Konferenz rechts an Joachim C. Fest vorbei und hält dem Herausgeber die Tür auf. Ein verständiger Blick zum Dank. Die Situation war da, seit Wochen schon, und die Deutschen spurten nicht. Kohl frißt wieder mißvergnügt, sagt Fromme. Reißmüller klagt über Genscher, der abgetaucht sei. Der Graf hat schon wieder ein Exklusiv-Hintergrundgespräch angeboten, heißt es aus Bonn. Maetzke winkt ab, nichts mehr über Möllemann. Wieder dieser intensive Blick von Fest. Schirrmacher erhebt die Stimme und meint auch, daß die Deutschen — von der Regierung bis in den Sachsenhausener Kindergarten — zu schlapp seien. Er würde jederzeit kämpfen. Fest blickt gütig. Überhaupt Israel, das sei bedroht wie nie zuvor. Da wolle er jetzt hin. Wozu denn, fragt Schreiber, Eifersucht in der Stimme, ob er etwa ein Porträt von Günter Wallraff fürs Magazin plane, Wallraff als Erntehelfer im Kibbuz. Schirrmacher blättert in Carl Schmitts „Leviathan“, Fest sekundiert, da gebe es doch diesen Amos Oz.

Hat Schirrmacher zwar noch nichts gehört von dem, aber er fährt auf jeden Fall. Der Ernstfall, ein kleiner. Fest, in seinem Zimmer dann, mahnt: Und fragen Sie ihn nach den Grünen und nach Weizsäcker. Das ist doch dreist, was sich der Mann da erlaubt hat, Deutschland könne zu mächtig werden. Und diefanatischen Grünen erst! Die Israelis sind nicht daran gewöhnt, wie sitzende Enten zu handeln. Fest redet sich in Wut. Es gibt einen philosophischen Unterschied zwischen uns und der Friedensbewegung, für die ist der Krieg das absolut Böse, für uns ist es die Aggression. Und was er sich denkt bei diesen Bettüchern mit „Kein Blut für Öl“: Also ich habe eine vielfältige und komplexe Wut empfunden. Wir sind ja auch gute Menschen, aber im Augenblick sind wir im Krieg. Fragen Sie ihn das, Schirrmacher. Und Frank Schirrmacher flog in einer leeren „El Al“-Maschine nach Tel Aviv, wo gerade Raketenentwarnung war. Schirrmacher traf den Autor Amos Oz, und, merkwürdig, er sagte genau das, was Fest haben wollte. Robert Zimmermann

(Die Kursiven aus dem Interview mit Amos Oz, 'FAZ‘ vom 14.Februar 1991)