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Am Krieg verzweifelt — das Leben genommen

■ Selbstmorde in den USA aus Protest gegen den Krieg

Washington (taz) — Das Stück Pappe mit der Aufschrift „Peace“ und dem aufgeklebten Führerschein ist längst verschwunden. Auch die verkohlten Leichenteile seines Besitzers wurden sorgfältig beseitigt. Doch noch immer treffen sich täglich Studenten in Amherst zu einer Mahnwache. Vorbeieilende Passanten verharren einen neugierigen, manchmal auch befangenen Augenblick lang an der Stelle, an der sich am Montag dieser Woche der 30jährige Lehrer Gregory Levey mit Terpentin übergoß und verbrannte — aus Verzweiflung über den Krieg seines Landes gegen den Irak. Seine Freunde schildern ihn als hochintelligenten, äußerst sensiblen Menschen, der in den letzten Wochen zunehmend auf Fernsehen und Radio verzichtete, weil er die „Nachrichten über das Gemetzel am Golf nicht mehr ertragen konnte“. Im lokalen Fernsehen der Kleinstadt betreiben sogenannte Experten — die den Toten zu Lebzeiten nie gekannt haben — professionelle Verdrängung. Gregory Levey sei schon einmal bei einem Psychiater gewesen (die große Mehrheit aller US-AmerikanerInnen auch d. Red), daher „latent labil“, „unfähig, Krisenzeiten zu ertragen“ und „eine Gefahr für sich und die Umwelt“, da „psychisch ähnlich strukturiert wie Fanatiker“. Mit Protest gegen den Krieg und dem Wunsch nach Frieden habe der „bedauernswerte“ Selbstmord „nichts zu tun“. Der Student Jonah Gelback, der als Augenzeuge der Selbstverbrennung vergeblich versuchte, die Flammen zu ersticken, sieht das anders. „Welche Psychose ist es, die zuläßt, daß unsere Regierung in einem Monat mehr Bomben schmeißt als während des ganzen 2. Weltkrieges, und den Tod Tausender Zivilisten dann als „Begleitschaden bezeichnet?“ schrieb er in der Universitätszeitung. Aufmerksamkeit über die Lokalmedien hinaus erlangte die Verzweiflungstat von Amherst genauso wenig wie der Selbstmord eines Vietnamesen, der sich bereits am 9.12. aus Protest gegen den drohenden Golfkrieg öffentlich verbrannte. Und auch der hochdekorierte Vietnamveteran Michael Creamer, der sich Ende Januar erschoß, machte keine Schlagzeilen. Ihn hatten die Bilder von B-52-Bombardements über Irak, die ihn an seine eigenen Einsätze als Bomberpilot vor über 20 Jahren erinnerten, nicht mehr schlafen lassen. Andreas Zumach

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