Zensurveranstaltung der taz

■ Stellungnahme zu umstrittener Berichterstattung taz-INTERN

Kreuzberg. Daß taz-Journalisten sich kritisch mit öffentlichen Auftritten ihrer Kollegen auseinandersetzen, ist erfreulich. Allerdings ist Fairneß und Objektivität wünschenswert. Ich habe den Eindruck, daß Hans-Hermann Kotte bei seiner Rezension der »Golfkrieg und Zensur« — Veranstaltung der taz — es an beidem hat fehlen lassen. An Nina Corsten, die als Nahost-Redakteurin für die taz auf dem Podium saß, wird Kritik referiert, die nicht geäußert wurde. Sie wird mit der These zitiert, es bedürfe eines verstärkten »quellenkritischen Umgangs« mit den Ticker-Nachrichten.

Tatsächlich hat sie gerade die Möglichkeiten einer solchen Quellenkritik bezweifelt und die Notwendigkeit orginärer Informationen hervorgehoben. Ihr wird unterstellt, sie habe die Zensur nur als haus- bzw. verlagsinterne, als Chef-Intervention definiert und den »strategischen« Aspekt vernachlässigt, der in der Unterwerfung unter die Kriegslogik zum Ausdruck kommt. Nina Corsten hatte darauf aufmerksam gemacht, daß jede Zensur einer Strategie folgt, sie hat selbst auf der »Modernisierung« der Zensurstrategien insistiert. Der informative Beitrag des exilierten Irakers Talat, der über Konformismus, Desinteresse und Zensur angesichts authentischer irakischer Stimmen berichtete, wurde als kritische Stellungnahme gegenüber Nina Corsten ausgegeben. Eine solche Kritik wäre auch angesichts der Veröffentlichungspraxis der taz absurd.

Zurückgewiesen werden muß, wie Nina Corstens Schilderung der taz-internen Konflikte zur Golfkrieg-Berichterstattung zusammengefaßt wurde: »Aber wer, wo, was, wie in der taz zensiert, das sagte auch Corsten nicht genau«. Nina Corsten war bemüht gewesen, unterschiedliche Blickwinkel und Interessenlagen zusammenzufassen. Es ehrt die taz vielleicht nicht, sondern ist ein Fall unserer Art und Weise, Journalismus zu betreiben, wenn wir zum Teil erbitterte Auseinandersetzungen um Schlagzeilen, Themen und die Vergabe von Seiten nicht verschweigen. Christian Semler im Auftrag

der Redaktionsleitung