(K)ein Persilschein für de Maizière

■ Bonner Bericht ergibt: Hinweise, aber keine Beweise, daß der Ex-DDR-Premier informeller Stasi-Mitarbeiter war

Berlin (dpa/taz) — Lothar de Maizière, Expremier der DDR, hatte zwar Kontakte zur Stasi — zur informellen Mitarbeit soll er sich aber nicht verpflichtet haben. Das geht aus einem Abschlußbericht hervor, den Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) gestern in Bonn vorlegte. Danach hätten sich keinerlei Anhaltspunkte dafür ergeben, daß de Maizière „jemandem geschadet hat“, sich zur Mitarbeit verpflichtet oder von der Stasi Geld genommen hat. Die Untersuchungen des Falles hatten im Dezmber begonnen, nachdem gegen de Maizière massive Vorwürfe einer MfS-Mitarbeit erhoben worden waren.

Dem Bericht wurden eine Auswertung von MfS-Akten, kriminaltechnische Untersuchungen über etwaige Fälschung und eine Anhörung des ehemaligen MfS-Majors Hasse durch den Generalbundesanwalt zugrunde gelegt. Hasse war nach eigenen Angaben von 1981 bis Ende 1988 de Maizières Führungsoffizier. Er soll die Akte unter dem Decknamen „Czerni“ geführt haben. Hasse bestätigte, daß der zentrale Punkt seiner Gespräche mit de Maizière das Verhältnis zwischen Kirche und Staat war. Im Laufe der Jahre seien dann auch die Probleme Wehrdienstverweigerung, Zivildienstgesetzgebung sowie Antragstellung auf Ausreise und die Friedensthematik erörtert worden. Dabei sei es de Maizière stets darum gegangen, die Problemfelder zu verdeutlichen, Verständnis bei den staatlichen Organen zu wecken und so Schaden von der Kirche abzuwenden.

Hasse war zusammen mit anderen Stasi-Leuten der Hauptabteilung XX/4 1988 von der MfS-Führung abgelöst worden, nachdem sie selbst für Stasi-Verhältnisse in einem nicht mehr vertretbaren Maß gegen geltendes DDR-Recht verstoßen hatten. Hasses Nachfolger versicherte den Untersuchungen zufolge, daß er keinerlei Kenntnis von einer Mitarbeit des CDU-Politikers gehabt habe. Schäuble ergänzte, Hasse habe erklärt, seine Gespräche mit de Maizière hätten dazu geführt, daß sich seine — Hasses — Einstellung zu Kirche und Christen „geändert“ habe.

In dem Bericht heißt es weiter, in den Akten gebe es einzelne Hinweise dafür, daß es sich bei der Person Czerni um de Maizière „handeln könnte“, wie bereits in einer ersten Bewertung des Falles im Dezember festgestellt worden sei: „Die Hinweise sind allerdings nicht so klar und deutlich, daß von einem Beweis gesprochen werden könnte.“ Beweise für eine Mitarbeit de Maizières oder anderer prominenter Politiker wird es aber auch künftig kaum geben können, da die Unterlagen auf der sogenannten „Kirchenstrecke“ auf Befehl von oben als erste in die Reißwölfe der Abteilung wanderten. wg