: 24 Stunden Polizeigewahrsam
■ Mordkommissariat ermittelte: 13 Asylbewerber vorläufig festgenommen
Vergangenen Freitag waren zwei Algerier auf der ersten Lokalseite des „Weser-Kurier“ abgelichtet. Die beiden „dringend tatverdächtigen“ Asylbewerber sollen einen Rentner brutal erdrosselt haben. Die Fahndung läuft noch.
Nicht einverstanden mit den Fahndungsmethoden sind drei Männer aus Syrisch-Kurdistan und Marokko. Zwei von ihnen hausen in völlig heruntergekommen Wohnungen für Asylbewerber in der Ostertorswallstraße 43. Am Tag, bevor die Fahndungsfotos in der Zeitung standen, so berichtet der syrische Kurde Alan F., seien gegen 9 Uhr morgens Polizeibeamte in die Wohnung gestürmt, hätten Türen aufgebrochen und alle Anwesenden mitgenommen, darunter auch zwei libanesische Besucher. Zu sechst seien sie zur Polizeidienststelle gegenüber dem Gerhard-Marks- Haus gebracht worden.
In der Wohnung über Alan F. ist der marokkanische Flüchtling Murat N. einquartiert. Er ist bettlägrig, weil er vor zwölf Tagen am Bein operiert worden ist. Er hatte an diesem frühen Vormittag Besuch von seinem Landsmann Saad H.. Auch diese beiden Männer wurden zur „Personenüberprüfung“ vorläufig festgenommen. Der Marokkaner Saad H.: „Ich habe die Beamten gefragt: 'Warum sollen wir mitkommen?' Sie haben gesagt: 'Schnauze' und 'Arschloch'.“ 13 bis 17 festgenommene Ausländer haben die drei gezählt. Sie seien, zum Teil in Handschellen, ins Polizeihaus
Blick aus dem Fenster einer Wohnung von AsylbewerbernFoto: Tristan Vankann
am Wall gefahren und erkennungsdienstlich behandelt worden. Saad H.: „Sie haben meinen Freund wie ein Stück Dreck ins Auto geworfen.“ Gegen 13.15 Uhr wurden die beiden freigelassen - ohne weitere Erklärungen.
Der syrische Kurde Alan F. mußte dableiben. Nach zehn
hier bitte
das Foto
in den Häuserschacht
blickend
Stunden bekam er zum ersten Mal zu essen. Am nächsten morgen, nach 24 Stunden, wurde er entlassen. Erst jetzt erfuhr er, daß wegen Mordes ermittelt wurde.
Der Kripo-Kommissar vom Dienst sagte der taz, an diesem Donnerstag habe der dringende Tatverdacht bestanden, „daß der
zweite Täter auch ein Ausländer war“. Einige Ausländer seien deshalb „identitäts-“ und „ausländerrechtlich“ überprüft worden. In der Strafprozeßordnung heißt es in § 163 c, daß dem Beschuldigten bei Festnahme zu eröffnen (ist), welche Tat ihm zur Last gelegt wird.“ B.D.
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