Überall Feiglinge und Verräter

■ Jetzt hat auch 'Konkret‘, Forum der radikalen Linken, einen Feldmarschall für den Golfkrieg: Wolfgang Pohrt

Seltsame Zeiten das, da rinks und lechts durcheinandergeraten sind und von oben und unten schon kaum noch einer redet; nun plötzlich „sieht sich ein Autor, der seit 17 Jahren eine antifaschistische Zeitschrift herausgibt, mit seiner Ansicht, was jetzt das unvermeidlich Richtige sei, in einer Front mit dem Quartalssänger Biermann, der Dichterin Struck, parteispendenden Waffenhändlern...“ wieder, was früher verwundert hätte, aber ach, der Krieg am Golf macht es, daß der 'Konkret‘-Herausgeber geistverschlungen mit den Broders und Hartungs daliegt, weil — „unser Öl“ hin, „neue Weltordnung“ her — „...das Schreckliche, das jetzt geschieht, das jetzt Richtige ist...“

Weiter nicht schlimm, das Ganze, denn bei nächster Gelegenheit wird Hermann L. Gremliza es den Hartungs und Broders schon wieder zeigen in 'Konkret‘, der Trutzburg der radikalen Linken, aber da wird einiges an Aufräumarbeit zu leisten sein, wo doch Redakteur Wolfgang Schneider sieht: „Tatsächlich ist es derzeit beispielsweise nahezu unmöglich, ein antiimperialistisches Flugblatt von der 'Deutschen National- Zeitung‘ zu unterscheiden.“

Nur gut, daß eine filigrane Feder im eigenen Blatt schreibt: Wolfgang Pohrt, der den blümchenbewehrten Friedenssingern immer schon gern den Marsch geblasen hat und nun mit Pauken und Trompeten gegen die kriegsunwilligen Schlaffis im Land loszieht.

Denn: „Auf frischer Tat ertappten Feiglingen und Verrätern steht es nicht zu, auch noch das Maul aufzureißen.“ Überall sieht sich Feldmarschall Pohrt gequält vom „Sadismus piepsstimmiger Erzieherinnen, Lehrerinnen und Mütter“, jenen lila Kirchentagsbesuchern, aber die kennt er ja, die nun auch noch von anderer Seite Unterstützung finden. „Wenn die Autonomen hier noch einmal unter der Nazi-Parole ,Kein Blut für Öl‘ den Zusammenhang von Militanz und völkischem Bewußtsein demonstrieren“, dann, ja dann würde unser wackerer Husar gerne mal „nach dem nächsten Pflasterstein“ greifen und den Friedenswillen testen von denen mit den weißen Lappen vor den Fenstern — „aber ich bin zu alt für diesen Spaß“.

Lieber überließe er es da Gevatter Staat, „das ganze Pack hinter Gitter zu verfrachten“. Pohrt, dem es nicht vergönnt ist, sich vor Ort am nächtlichen Funkenflug zu berauschen, ganz zu schweigen vom Kampf Mann gegen Mann, da ihm die Bandscheiben bereits beim einfachen Steinwurf den Dienst versagen, sieht sich umgeben von Schlappschwänzen an der Schreibtischfront, nur „die 'FAZ‘ kann man lesen, die besten — und übrigens hervorragend geschriebenen — Kommentare findet man in 'Bild‘“, findet der Hausautor des „leftwing journal konkret“ (Herald Tribune), denn ansonsten „haben wir eine Bundeswehr, die an Feigheit nur noch von den Reportern der ARD und des ZDF übertroffen wird...“

Nicht mehr weit ist es da zur neuen Regel: „Je weiter links einer stand, ein desto engagierterer Nazi ist er nun.“ Wonach es wirklich leicht fällt „...sich die Antiimps oder die Autonomen als Volkssturmabteilungen der Hitlerjugend oder als Verbände der Aktion Werwolf vorzustellen“. Gut vorstellbar auch nach alledem ist Feldmarschall Pohrts Hoffnung, Israel möge der Angriffe Bagdads endlich „mit Kernwaffen“ beikommen. Früher hieß das Atombomben, und es bleibt ein großes Rätsel, warum der 'Konkret‘-Autor hier plötzlich zum Pazifisten wird. -thöm-