Militärs präsentieren Bodenkrieg gegen Irak als schnellen Erfolg

■ Oberkommandierender Schwarzkopf: Ich bin hocherfreut / In zwölf Stunden haben wir das Ziel des Tages erreicht/ Britische und französische Verbände stoßen in den Irak vor/ Radio Bagdad: Alliierte Offensive ist „völlig fehlgeschlagen“

Berlin (taz) — Der Beginn der Bodeninitiative gegen den Irak ist am Sonntag von den westlichen Regierungen als „notwendige Maßnahme“ gegen die Aggression Saddam Husseins gerechtfertigt worden. Die Sowjetunion bedauerte dagegen den Angriff der Alliierten, da es eine echte Chance zum Frieden gegeben habe. Doch auch hektische diplomatische Bemühungen in letzter Sekunde konnten die Bodenoffensive nicht mehr aufhalten. Wie die US-Administration bekannt gab, stand ihre Termin bereits seit zwei Wochen fest.

Um 2 Uhr morgens mitteleuropäischer Zeit begannen die Alliierten mit ihrem Großangriff und marschierten in vier Angriffskeilen nach Kuwait und auch in den Südirak ein. An der Offensive waren nach ersten Berichten vor allem Einheiten der USA, Großbritanniens und Frankreichs, aber auch Ägyptens, Saudi-Arabiens, der Emirate, Bahrains, Syriens und der kuwaitischen Exilregierung beteiligt. Wie auch zu Kriegsbeginn, zeigte sich General Norman Schwarzkopf, der Oberkommandierende der verbündeten Streitkräfte, gestern in einer kurzen Erklärung vor Journalisten optimistisch: Mehrere amerikanische und alliierte Einheiten hätten binnen zwölf Stunden „alle ihre Ziele des ersten Tages“ erreicht. Eine Bestätigung dafür gab es nicht, denn das Oberkommando hat seine Zensurbestimmungen nochmals weiter verschärft und eine Nachrichtensperre verhängt. Alle Journalisten wurden in einem Memorandum nachdrücklich aufgefordert, sich nicht auf eigene Faust an die Front zu begeben. Auch die regulären täglichen Pressekonferenzen wurden abgesagt. Erste, vom Oberkommando genehmigte Fotos zeigten irakische Soldaten, die von saudischen Soldaten festgenommen worden waren. Einige lagen blutend am Boden. In einer Aufnahme wehte über einer irakischen Verteidigungsstellung deutlich sichtbar eine weiße Fahne.

Schwarzkopf erklärte, er sei „hocherfreut“ über den bisherigen Verlauf der Offensive. Eine Einheit der amerikanischen Marineinfanterie sei von Irakern angegriffen worden, doch habe diese den Vorstoß zurückgeschlagen, nachdem Unterstützung angefodert worden sei. Darüber hinaus sei der Widerstand nicht stark gewesen. Über 5.000 Iraker seien gefangengenommen worden. Die Verluste bei den eigenen Truppen seien „bemerkenswert gering“.

Die Pressekonferenz dauerte nur zehn Minuten. Fragen, die sich mit dem Standort oder der Taktik befaßten, wurden nicht beantwortet. Daher gab es zunächst auch keine Bestätigung von Berichten, nach denen amerikanische Fallschirmspringer bereits nach Kuwait-City vorgedrungen seien. Als Quelle wurde ein hoher Offizier der USA in Saudi-Arabien genannt. Er sagte, alliierte Einheiten hätten vom Westen und Süden her die Hauptstadt des Emirats erreicht. Zudem seien Fallschirmjäger am Stadtrand abgesprungen. Die kuwaitische Nachrichtenagentur im Exil, 'Kuna‘, meldete, Kuwait-Stadt sei „jetzt unter der Kontrolle der alliierten Truppen“. Aus kuwaitischen Exilkreisen verlautete auch, US-Marineinfanteristen hätten die Insel Faikala erobert. Verschiedenen Berichten zufolge, die ebenfalls nicht bestätigt werden konnten, sprengten die irakischen Besatzungstruppen angeblich öffentliche Gebäude in der Hauptstadt. Darunter seien der Sitz des Parlaments, ein Konferenzzentrum und eine Residenz der Herrscherfamilie.

Vollmundiger Optimismus wurde auch im Irak verbreitet. Das dortige Oberkommando erklärte gestern nachmittag, die Offensive der Alliierten sei „völlig fehlgeschlagen“. An mehreren Fronten riefen die Angreifer um Hilfe und „schwimmen in ihrem Blut“. Nachdem der Irak am Samstag den jüngsten sowjetischen Friedensvorschlag angenommen und das US-Ultimatum abgelehnt hatte, rief Saddam Hussein die Bevölkerung und seine Streitkräfte dazu auf, den Angreifern mit aller Kraft zu widerstehen und keine Gnade zu zeigen.

„Die Iraker kämpfen. Sie wehren sich“, sagte auch der Sprecher der 2. Marineinfanteriedivision, Oberstleutnant Jan Huly, am Sonntag. Er berichtete, seine Soldaten hätten beim Vorrücken nach Kuwait unter dem Abwehrfeuer der Iraker gelegen und es hinter der saudi-arabischen Grenze vor allem mit Minen zu tun gehabt. Er fügte aber hinzu, die Kampfmoral der Iraker sei sehr schlecht, wie man bei Gefangenen festgestellt habe. Huly zeigte sich „vorsichtig optimistisch“.

In Radio Bagdad wurde gestern nachmittag neuerlich zu Anschlägen gegen die USA und ihre Verbündeten aufgerufen. „Wir wollen keine Demonstrationen und keine Sit-ins. Wir fordern alle Araber, Moslems und Menschen von Ehre in der ganzen Welt auf, die Interessen der Amerikaner und der Koalition zu bekämpfen, wo auch immer sie sich befinden“, hieß es in dem Appell. SEITE 2 UND 3