Die schöne „Helene“ soll verhökert werden

Warum bleibt das Naherholungsgebiet Helenesee nicht unter kommunaler Verwaltung?/ Verpachtung bereits im voraus klar?  ■ Von Ellen Richards

Frankfurt/Oder (taz) — Nach vielen Vermutungen und Gerüchten schien die Debatte um das zwischen Frankfurt/Oder und Eisenhüttenstadt gelegene Naherholungsgebiet „Helene-See“ bereits vom Tisch, da geriet sie nun unfreiwillig wieder in die Schlagzeilen. Für Aufsehen sorgte die Äußerung des Sozialdezernenten der Oderstadt, Christian Gehlsen (NF): „Wir (gemeint ist die Bürgerbewegung — d.A. ) haben doch in letzter Zeit so erbärmlich taktiert, auch in der Stadtverordnetenversammlung. Gereicht hat es mir nach der Diskussion um die Helene. Da ging es bloß darum, der PDS eins auszuwischen, und nicht um Argumente.“

Die Verpachtung gegen PDS-Stimmen

Wovon ist die Rede? Auf ihrer siebten Tagung Anfang Dezember 1990 faßte die Stadtverordnetenversammlung von Frankfurt/Oder den Beschluß zur Verpachtung des Naherholungszentrums. Der Helenesee hat in der Frankfurter Region, den fünf neuen Bundesländern und Berlin, bis in die CSFR, Ungarn und Bulgarien Anhänger gefunden. Der ehemalige Tagebau ist durch Tagestourismus und Dauercamping bei guter Versorgung, landschaftlich reizvoller Lage und bekannten Sportveranstaltungen, vor allem aber durch seine gute Wasserqualität ein Begriff geworden. Die Entscheidung zur Verpachtung, die vor allem gegen die Stimmen der PDS fiel, machte den Westberliner Inhaber der Hotelgruppe Sorat, Helmut Penz, zum Generalpächter. Jener beabsichtigt, dort in den nächsten drei Jahren sieben Millionen DM zu investieren.

Die Filetierung eines Naherholungsgebietes

Nach der Entscheidung des Stadtparlaments wandte sich der Abgeordnete Bernhard Wündisch (PDS) an die Öffentlichkeit. Seiner Meinung nach bringt die Verpachtung der Stadt zwischen 100.000 und 150.000 DM ein. Bisher betrug der Überschuß aus der Betreibung der „Helene“ rund 0,7 bis eine Million DM. Das zur Erholungseinrichtung gehörende Verlustobjekt „Wintergarten“, das die Stadt etwa 120.000 DM jährlich kostet, wurde nicht mitverpachtet. Frankfurt bleibt künftig für die Wasserqualität zuständig, was weitere Kosten verursacht. Wündisch schließt demzufolge messerscharf: „Also sieht das Verpachtungskonzept so aus: Der auf Dauer gewinnbringende Teil wird verpachtet, den verlustbringenden behält die Stadt...“ Auch die Verfahrensweise, hat nichts mit demokratischen und rechtsstaatlichen Spielregeln zu tun: Die Entscheidung zur Verpachtung ist an den Abgeordneten vorbei gefällt worden.

„Der Generalpächter, die Sorat Hotelverpachtungsgesellschaft mbH aus dem Westteil Berlins, (soll) nicht durch eine Ausschreibung, sondern nur durch eine vom Dezernenten Franke persönlich vorgenommene Auswahl aus verschiedenen, den Abgeordneten jedoch nicht benannten Bewerbern den Zuschlag erhalten. ... Kein Abgeordneter weiß, wer sich — außer Sorat GmbH — mit welchen Konzepten beworben hat“, argumentiert Wündisch.

Dezernent Klaus Franke wußte zu wählen

Dezernent Franke, jener Klaus Franke (CDU), der als Bausenator unter Eberhard Diepgen Mitte der achtziger Jahre in den Westberliner Bauskandal verwickelt war und um Rücktritt gebeten wurde, wußte also im voraus auszuwählen. Die Stadtverwaltung, allen voran OB Dr.Wolfgang Denda (SPD), und ihr Wirtschaftsdezernent fühlen sich zu Unrecht kritisiert. Sie erklärten: „Der Helenesee muß endlich zu einer attraktiven Erholungseinrichtung westeuropäischen Standards werden. Der in den vergangenen Jahren erwirtschaftete Überschuß war tatsächlich keiner, vielmehr einer von Kommunalbeiträgen der Betriebe und vom Finanzausschuß des Rates des Bezirks (1990 von 900.000 Mark) realisierter.“

Wündisch hält dem entgegen: „Niemand hat etwas gegen die Verpachtung der ,Helene‘, wenn es denn sein muß. Doch blieb die Stadtverwaltung den Abgeordneten bis heute diesen Beweis schuldig. Weder in den Ausschüssen noch im Plenum wurde er erbracht, trotz Anfragen von Abgeordneten. Außer dem Trostpflaster von 100.000 DM bleiben der Stadt nur Pflichten, die mit 100.000 DM nicht bezahlt sein dürften.“ ('Märkische Oderzeitung‘ MOZ).

Aber es kommt noch schlimmer. Die MOZ recherchierte: Der Verpächter ist nicht die Sorat, sondern eine Firma „Freizeitzentrum Helenesee KG“, die noch nicht einmal im Handelsregister steht. „118.000 DM beträgt allein schon die Summe der Pachtbeiträge, die von Unterpächtern gefordert wird“, so die 'MOZ‘. „Und das sind noch nicht alle. Unberücksichtigt bleiben auch die Pachteinnahmen für die 25 aufzustellenden Kioske.“ Ging die Stadt einen Zeitraum bei der Generalverpachtung von 20 Jahren ein, so sollen die Unterpächter nur für ein Jahr pachten. Ihnen wird bauliche Umgestaltung nach europäischem Standard erlaubt, ein bestimmtes Warensortiment vorgeschrieben und eine entschädigungslose Beendigung der Verpachtung bei behördlicher Schließung angedroht. Kündigungsfristen gibt es keine. So sagt es jedenfalls ein Mustervertrag, den die 'MOZ‘ als Faksimile veröffentlichte. Immer mehr einheimische Gewerbebetriebe und Versorgungseinrichtungen fürchten um ihre Zukunft, und bei der Stadtverwaltung antwortet keiner: Warum blieb die Bewirtschaftung der „Helene“ bei Ausschöpfung aller Möglichkeiten, wie zum Beispiel Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen (ABM), nicht in kommunaler Verantwortung?