: Verkehrssenator will auf Avus rasen
■ Wenn Tempolimit auf Ex-Transit aufgehoben wird, könnte auch auf der Avus schneller gefahren werden, glaubt Verkehrssenator Haase/ Deshalb neuer Streit in der Koalition/ SPD: »Ohne uns«
Berlin. Die Koalitonsverhandlungen sind kaum vorbei, da will Verkehrssenator Herwig Haase erneut über das Tempolimit (100 Kilometer pro Stunde) auf der Avus reden. Schließlich sei bereits absehbar, daß auf ehemaligen Transitautobahnen die Geschwindigkeitsbegrenzung auf 130 Sachen erhöht werde, da bald durchgängig Leitplanken gezogen und der Asphalt ausgebessert sein werde. Durch seine Äußerung hat Haase zumindest ein Tempolimt abgeschafft: Der bisher lahme Koalitionspartner SPD ist auf 180.
Käthe Zillbach, verkehrspolitische Sprecherin der SPD, rät dem Senator, mal in die Koalitionsvereinbarung zu gucken. In dem Papier hatten sich CDU und SPD darauf verständigt, das Tempo auf den innerstädtischen Autobahnen auf 100 zu begrenzen. Dies schien gerade wegen der gestiegenen Benutzung der Avus durch Verkehrsteilnehmer aus dem Berliner Umland der Koalition dringend geboten. Auf zwei Stücken der Avus müsse ohnehin das Tempolimit bestehen bleiben, damit das Motorgeheul für die Anwohner nicht noch unerträglicher werde. Auf den letzten sieben Kilometern gebe es diverse Ausfahrten. Auch hier dürfe nicht schneller gefahren werden, weil sonst die Unfallgefahr erheblich steigen werde. »An der gemeinsamen Koalitionsvereinbarung wird sich nichts ändern«, drohte Zillbach dem CDU-Senator.
Auch Joachim Niklas ist über das überraschende Hakenschlagen von Senator Haase erzürnt. Niklas hatte für die Sozialdemokraten die entscheidenden Punkte zum Verkehr mit der CDU ausgehandelt. »Damit das Tempolimit auf der Avus weiter bestehen konnte, mußten wir die Kröte mit der Öffnung der Havelchaussee schlucken«, erinnert sich der Ex-Verhandler noch allzu gut. Er könne sich aber nicht vorstellen, daß der Senator unabhängig vom Koalitionsvertrag handeln würde.
Doch hier irrt der Abgeordnete möglicherweise schwer. Siegfried Keiluweit, Sprecher des Senators, erklärte, daß das Koalitionspapier zwischen Parteien vereinbart worden ist. Und Parteien hätten mit den Senatsverwaltungen nicht das Geringste zu tun. Senatoren müßten sich nicht vor den Mitgliedern der Regierungsparteien verantworten, sondern alleine vor dem Parlament.
Aber ohnehin ist das Verkehrsklima in der großen Koalition belastet. Helmut Heinrich, CDU-Wirtschaftsstadtrat in Charlottenburg, hatte Ende letzter Woche veröffentlicht, daß die Unfallzahlen auf dem Kudamm gestiegen sind. Sein Parteikollege Volker Liepelt hatte deshalb die Abschaffung der vorhandenen Busspur gefordert. Die Polizei hatte dagegen die Unfallzahlen absichtlich nicht veröffentlichen wollen. Vorher sollte erst untersucht werden, ob überhaupt ein Zusammenhang zwischen steigenden Unfallzahlen und Busspur besteht. Dirk Wildt
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen