Der Gemeinde Strausberg fehlt das Geld für die Kultur

■ Der östlich von Berlin gelegene Landkreis hat von Brandenburg noch keine müde Mark für Kultur gesehen

Strausberg. Die Kultur hat es schwer in den neuen Bundesländern. Nicht nur, weil Freizeit durch die »Video-Kultur« oder die Regenbogenpresse beansprucht wird. Es ist vielmehr die Geldnot, die Kultur hintenan stellt und schon das Aus für manch Erhaltenswertes gerade in kleineren Städten und Gemeinden brachte.

Der östlich an Berlin grenzende Landkreis Strausberg hat noch keine Kultur-Mark von der Landesregierung gesehen. Kreisamtsleiterin Katharina Riegenring kämpft, inzwischen verbittert, aber mit Rückendeckung durch ihren Dezernenten und den Landrat. Über viele Einrichtungen hält sie schützend die Hände, der Kreis hat einiges zu bieten. Das Brecht-Weigel-Haus in der Märkischen Schweiz in Buckow zum Beipiel — ein Museum von europäischem Rang, dessen Besucherzahlen seit dem Mauerfall um 400 Prozent stiegen. Oder die Musikschule — erfolgreich in Vergangenheit und Gegenwart. Bei einem Trend zur Hausmusik ist die Schülerzahl von 220 im vergangenen Jahr auf jetzt 460 gestiegen. Trotzdem können die 16 festangestellten und 15 Honorar- Lehrer nicht gehalten werden. So jedenfalls bestimmen es die Vorgaben aus Potsdam, die sich nach Meinung von Frau Riegenring zu stark am Partnerland Nordrhein-Westfalen orientieren. »Uns wird alles unter den Händen weggeschrumpft.« Sie habe dafür kein Verständnis. Die Kulturbedürfnisse und Gewohnheiten der Menschen würden mißachtet.

Von den 28 Gemeindebibliotheken, die dem Kreis unterstanden, sind die meisten mangels Geld stillgelegt. Lediglich die Löhne für die Kulturmitarbeiter kann die Kreisverwaltung zahlen. Telefonrechnungen bleiben unbeglichen und Schäden unrepariert.

Der Kampf um Fördermittel spottet jeder Beschreibung. Im vergangenen August erging die Aufforderung, die 1991 benötigten Mittel aufzulisten und im Ex-DDR-Kulturministerium zu beantragen. Inclusive Denkmalschutz baten die Strausberger um 2,5 Millionen Mark. Einen Monat später, erneut war eine Aufstellung verlangt, kürzten die Randberliner bereits von allein auf 1,5 Millionen. Am 12. Dezember dann ein Telex mit der Forderung, endlich die benötigten Mittel zu beantragen. Wieder schrieb die Amtsleiterin einen Antrag, diesmal den Denkmalschutz und die Bibliotheken schon ausklammernd. Unterm Strich standen 1,1 Millionen Mark. Auf keinen der Anträge kam bisher aus Potsdam eine Antwort oder gar eine Zahlungsanweisung.

Letzte Hoffnung setzte Katharina Riegenring auf den Bonner Sonderfonds zur »Förderung gefährdeter kultureller Einrichtungen, Veranstaltungen und Maßnahmen insbesondere von europäischem Rang« — Umfang für die neuen Länder: 900 Millionen Mark, geteilt in 600 Millionen für den Substanzerhalt und 300 für die Infrastruktur.

Anfang Januar mußten die Länder in einer Blitzaktion ihre Anträge einreichen. Zum vierten Mal füllten die Strausberger Formulare aus.

Inzwischen war aus Potsdam zu erfahren, daß für Brandenburg nur 10 Millionen zum Substanzerhalt freigegeben sind. Der Rest bis hinauf zu fast 68 Millionen muß für dieselbe Verwendung beantragt werden. Diese 68 Millionen bilden, so die Auskunft des Kultusministeriums, den brandenburgischen Anteil von 15 Prozent an den verfügbaren 450 Millionen der neuen Bundesländer zur Substanzerhaltung. 150 Millionen bis hinauf zu 600 liegen in Reserve. Siegfried Wagner (adn)