piwik no script img

Proteste an den ägyptischen Unis

Vor allem islamische Studentengruppen organisieren Proteste, Demonstrationen und Trauergebete/ Symbolisch wird die arabische Welt zu Grabe getragen  ■ Aus Kairo Karim El-Gawhary

Die großen Militärlaster der ägyptischen Bereitschaftspolizei vor den Toren der Kairoer Universität sind ein deutlicher Hinweis dafür, daß es hinter den Mauern der Bildungsstätte nicht so recht nach dem Geschmack der Regierung zugeht. Drinnen versammeln sich rund 3.000 Studenten zum Gebet, dem Auftakt zu einer Demonstration gegen den Golfkrieg. Organisiert wird dieser Marsch von den islamischen politischen Gruppen, die seit einigen Jahren die Mehrheit in der Studentenunion besitzen. Viele der Studierenden unterbrechen jedoch nur kurz ihre Arbeit, um neugierig den Slogans der Demonstranten zu lauschen: „Die USA will keinen Frieden“, „Wir sind gegen den Zionismus“, „Allah ist groß“. Wohlgeordnet ziehen sie über den Campus, die Männer vorne, die zumeist verschleierten Studentinnen dahinter.

Dazwischen wird mit einem schwarzen Sarg symbolisch die arabische Welt zu Grabe getragen. Transparente säumen den Zug. Im Anschluß an die halbstündige Demo wird als Sketch „Die arabische Konferenz“ aufgeführt: Nachdem die arabischen Führer von Saddam Hussein über König Fahd und den Emir von Kuwait bis hin zum ägyptischen Staatschef Mubarak sich gesetzt haben, beginnen sie zu streiten. Mr. Bush tritt aus dem Hintergrund und verspricht Hilfe. Saddam ist der erste, der die Hilfe zu spüren bekommt. Unter Mitwirkung seiner arabischen Brüder wird er von Bush zu Boden gestoßen. Doch die Freude der arabischen Führer währt nur kurz. Einem nach dem anderen widerfährt das Schicksal ihres irakischen Kollegen. Das anschließende Freudenfest Mr. Bushs und einiger Israelis über den Leichen der arabischen Führer bekommt ein jähes Ende. Unter dem Beifall und Gejohle der Zuschauer stürmen ein paar Studenten die Bühne, verjagen die Festteilnehmer und verbrennen die amerikanische und israelische Fahne.

Aktionen wie diese fanden in den vergangenen Tagen überall an den großen Universitäten Ägyptens statt. Die Regierung Mubarak hatte diese Aktionen vorhergesehen und den Beginn des Semesters vorsorglich um einige Wochen verschoben. Als dann die Tore der Universitäten Anfang Februar doch aufmachten, begannen anfangs zögernd, aber letzte Woche doch verstärkt die Aktionen der Studenten.

In einem Flugblatt der islamischen Gruppen an der oberägyptischen Universität Assiut, die schon seit Jahren als Mittelpunkt islamischer Unruhe bekannt ist, werden die Vorstellungen der Studenten zusammengefaßt. Der Rückzug der ägyptischen Truppen aus Saudi-Arabien, das sofortige Ende des Krieges und der gleichzeitige Rückzug Iraks und der Truppen der Alliierten stehen auf dem Forderungskatalog.

Die Reaktion der ägyptischen Regierung ließ nicht lange auf sich warten. Eine unbekannte Zahl von Studenten wurde am Wochenende festgenommen. An der Ain Shams, der zweitgrößten Universität Kairos, wurden 30 Studenten nach Angaben der ägyptischen Organisation für Menschenrechte aufgrund ihrer Aktion suspendiert.

„Die Regierung fürchtet offensichtlich, daß wir das Volk aufklären“, kommentiert dies ein Vertreter der islamischen Gruppen der Kairoer Uni. Doch wer vor die Tore der Universität tritt, fragt sich, wie begründet diese Befürchtung tatsächlich ist. Der Taxifahrer etwa, der mich nach der Demo mitnimmt, sagt kurz und trocken: „Es ist besser, wenn die Amerikaner jetzt endlich den Landkrieg anfangen, dann hat der ganze Spuk ein schnelles Ende.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen