Afrikaner in Sachsen

Asylbewerber leben in Baracke bei Leipzig/ Ghanaerbeschweren sich: „Wir essen jeden Tag Reis“/ „In Frankfurt/Main war's besser“  ■ Aus Leipzig Susann Huster

Mit der deutschen Einheit sind auch die neuen Bundesländer in die Pflicht genommen, Asylbewerber aufzunehmen. Der Standard von Unterbringungsmöglichkeiten, Komfort und Ausstattung der Asylheime entspricht im Osten nicht immer dem westlichen. Eigentlich wäre Benjamin Jones aus Libyen auch viel lieber in Frankfurt am Main geblieben und hätte dort auf sein Asylverfahren gewartet, anstatt hierher zu kommen. Gemeinsam mit 21 weiteren Asylbewerbern aus Afrika wurde er dem sächsischen Städtchen Markranstädt bei Leipzig zugewiesen. In ihrer Unterkunft, einer Baracke, die auf freiem Feld steht, sollen sie die nächsten Monate verbringen. Als Taschengeld bekommt ein Asylbewerber im Osten Deutschlands 70 Mark Bargeld monatlich, dazu zehn Mark pro Tag in Form von Bons, wofür er sich in wenigen, ausgewählten Läden in Markranstädt Lebensmittel und Kleidung kaufen kann.

„Das ist viel zu wenig. In den Geschäften hier gibt es nicht viel Auswahl. Wir essen schon wie die Chinesen jeden Tag Reis“, sagt der 26jährige Robert Gyamfi aus Ghana in gebrochenem Englisch. Er beteuert, wie die anderen Asylbewerber auch, er habe sein Land nur aus politischen Gründen verlassen. In seiner Heimat hätte ihm eine Gefängnisstrafe gedroht.

Die Heimleiterin Rita Wu erinnert sich: „In der ersten Woche war es ganz schlimm. Da wollten alle sofort wieder ins Übergangslager nach Frankfurt zurück. Aber so langsam gewöhnen wir uns jetzt aneinander.“ Obwohl sie wie die meisten anderen Betreuer weder englisch noch französisch spricht, klappt die Verständigung mit Händen und Füßen erstaunlich gut. Besonders in der ersten Zeit sei sie mit Beschwerden der Asylbewerber geradezu überschüttet worden. „Ich habe hier schon Meinungen gehört, die in die Richtung gingen: Wenn Ostdeutschland so arm ist, ist das ihr Problem und nicht unseres“, sagt Rita Wu. Die 30 Asylbewerber, die meisten kommen aus Ghana, Nigeria, Libyen und Somalia, nennen sie „Mrs. Wu“. Als Fürsorgerin für Mutter und Kind ausgebildet, lernt sie jetzt den Beruf der Sozialarbeiterin. Zuweilen fühlt sie sich von den Asylbewerbern zu sehr bedrängt.

Hinzu kommt, daß sich die Afrikaner verschiedener Nationalitäten untereinander oft nicht verstehen. Die Heimleiterin hatte schon so manchen Streit zu schlichten. Insgesamt betreuen sechs hauptamtliche und zwei ehrenamtliche Mitarbeiter die vornehmlich jungen Asylbewerber. Die Unterbringung und Betreuung der Asylbewerber wird von der Ausländerbehörde der sächsischen Landesregierung finanziert. Große Unterstützung bekommen die Mitarbeiter des Heims von der Kommune Markranstädt. Krankenhäuser, Seniorenheime und das Rote Kreuz halfen bei der Einrichtung der Unterkunft mit Sachwerten wie Bettwäsche, Handtücher und Geschirr aus. Im Frühjahr wird der Sanitärtrakt erweitert. Außerdem soll ein Volleyballplatz angelegt werden. ap