Die Zukunft des Stasi-Museums bleibt offen

■ Forschungs- und Gedenkstätte in der Normannenstraße wird von der Treuhand nicht beachtet/ »Schmuckstücke und Ehrenbezeigungen« des real existierenden Sozialismus nur in kleiner Stückzahl bekommen — Rest geht an Sammler

Lichtenberg. Ist die Forschungs- und Gedenkstätte in der ehemaligen Berliner Stasi-Zentrale tatsächlich Luft für die Treuhandanstalt? Daß dies bis jetzt so scheint, bekümmert den kleinen Mitarbeiterstab der nicht alltäglichen Einrichtung. Die drei ehrenamtlich Tätigen wollen das äußerst traurige Kapitel »Staatssicherheit« der DDR-Geschichte aufarbeiten sowie der Öffentlichkeit zugänglich machen. Zudem versteht sich die Gedenkstätte auch als Begegnungszentrum von Tätern und Opfern. Nicht zuletzt 9.000 Besucher seit der ersten Ausstellung am 7. November vergangenen Jahres in den Räumen der einstigen Mielke-Hochburg zeigen, daß das Anliegen großes Interesse findet.

Um der umfangreichen und langwierigen Aufgabe auch nachkommen zu können, brauchen Museum und Forschungsstätte eine sichere Existenz. Die hängt von der Treuhand ab, die sich um die Nöte der Einrichtung bisher, so die Kritik der Betroffenen, wenig scherte. Seit Anfang 1990 plagt sich die Forschungsstätte — von einem Bürgerkomitee aus der Taufe gehoben — mit den zuständigen Gremien um eine Regelung der Rechtsträgerschaft der belegten Räume im Haus 1 des früheren Stasi-Hauptquartiers herum. Bereits im Februar 1990 hatte der damalige DDR-Ministerrat die Gründung der Einrichtung befürwortet und Mitte Mai auch bestätigt. Im Juni überantwortete sie der Ex-DDR-Innenminister Diestel dem Kulturministerium. Doch dieses sah sich aus Geldmangel außerstande, die Rechtsträgerschaft zu übernehmen.

Bei einer Diskussionsrunde mit allen Beteiligten wurde Ende Juli die Idee geboren, eine Stiftung zu gründen. Dieser sollte die Rechtsträgerschaft übertragen werden. Doch die am 2. August 1990 gebildete »Antistalinistische Aktion Berlin Normannenstraße« mußte das Schicksal mit 1.200 anderen Neugründungen teilen — sie wurde nicht in das Charlottenburger Amtsregister übernommen und trägt nun das Kürzel i.G. (in Gründung). Damit ist die Finanzierungsfrage ungelöst, aber auch die Rechtsträgerschaft über das Museum bleibt offen. Ein Schreiben an die zuständige Treuhandanstalt blieb bisher ohne Resonanz. Auch andere Bemühungen der Enthusiasten verliefen im Sand.

Die Verhandlungen mit der Treuhand zeigten auch bei der Diskussion um die gesammelten Dokumente und Ausstellungsstücke wenig Erfolg, beklagen die Museumsmacher. Mündlich habe man sich jetzt geeinigt, daß der Forschungstätte jeweils drei bis fünf Exemplare der Büsten, Wimpel, Minibücher und anderer pervertierter »Schmuckstücke und Ehrenbezeigungen« des »real existierenden Sozialismus« übereignet werden. Den Rest wolle die Treuhand an »Sammler« verkaufen. »Doch dagegen wehren wir uns«, protestierte Frau Gohlke. Einerseits wirke der Kitsch nur in seiner sinnlosen Anhäufung, andererseits sei er auch ein Erbe, das späteren Generationen nicht vorenthalten und verhökert werden dürfe.

Trotz der diffizilen Lage bereiten die Mitarbeiter der Gedenkstätte weitere Ausstellungen vor. Die jüngsten drei Expositionen, darunter eine mit erschütternden Zeichnungen eines Opfers des stalinistischen Terrors in der Sowjetunion, sind noch zu besichtigen. Dorit Knieling (adn)